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Diary

Carnap Tagebuch RC 025-82-01
Dec. 1935 – Dec. 1936. 
(15.)
1. Klasse, in der Mitte des Schiffes, C-Deck.
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Mo 16  Vormittags Southampton; Wodger kommt nicht  später kommt Telegr.
von ihm.  In der 1. Klasse treffen wir plötzlich Dr. Martin. Er fährt zu
Patienten und Vorträgen herüber; wenn er Geld verdient, will er nach
Mexiko reisen, wohin [part of page missing] die englische [unleserlich]
für 6 Wochen eingeladen ist; er macht einen sehr [part of page missing]
Eindruck.  Dann abends Cherbourg, wir schicken die letzten Weihnachtsbriefe
ab.  Nach Cherbourg lasse ich mir andere Nachbar-Kabine geben (Zahlung nur
Aufschlag für Aussenkabine: 2,50 $); jetzt haben wir 2 Zimmer, können
getrennt schlafen.
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Di 17.  Es wird schöneres Wetter. Darum nehmen wir Deckstühle, liegen
darin und lesen (englische Dramatik, Hitlers “Mein Kampf").
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Besichtigung des Schiffes; und der Brücke.  Dort treffen wir wieder Dr.
Martin.  Er war 3 Tage lang seekrank in der Kabine gelegen.
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     Abends Abschieds- und Weihnachtsessen, mit Smoking.  Ina packt freudig
Koffer.  Ich mache die letzte Arbeit an der englischen Syntax, werd aber
nicht ganz fertig.
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      Koffer gepackt.  Wir liegen lange still in der Bucht vor New York,
während die Post abgeholt wird. [Trinkgelder (reichlicher als Feigl
angegeben hat): 2 Essstewards zusammen 15 M, Kabine kostet 15, mein Bad
kostet 3, Stewardess (nur für Inas Bad) 5, Deck kostet (ausser 10 M für 2
Stühle mit Auflage) 5, Schuhputzer 2, zusammen 45 M].  Kontrolle der Visa
ist schnell und einfach, aber der Arzt notiert genau "defective vision".
Endlich ½ 4 von Bord.
New York. Auf dem Pier in der Gepäckhalle stehen Brodwin, Feilson [?] (die
mich gleich mit Kuss empfangen, zu meiner grossen Überraschung), Nagel und
Frau.
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XII/ 1935
(21) 1½ Stunden Zoll Revision. Im Auto nach New Rochelle, über den River
Side Drive, schöner Blick auf die Lichter am Hudson. Brodwins haben ein
nettes Haus. 3 Kinder. Die schwarze Negerin. Gemütlicher Abend, aber
schliesslich schrecklich müde. Erst gegen Mitternacht ins Bett.
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       Vormittags mit Brodwin zu Wertheims, wohnt mit Frau und 3 Kindern in
New Rochelle; hat Professur an dem neuen Institut für soziologische
Forschung; diese ist aber nicht für die Dauer gesichert.  Er sagt, dass
nur ganz wenige Immigranten eine Dauer Stellung gefunden haben.  Er fragt,
ob ich Fragen ablehne wie: Welche Bedingungen müssen erfüllt sein in der
Welt, damit überhaupt Induktion und logische Operation möglich wird; es
stellt sich heraus, dass es rein mathematische Fragen sind, aber er nimmt
sie halb psychologisch, ohne es zu merken.  Dann zum Lunch kommen Nagel und
Frau, sie intelligent, ein wenig frech wie Kasperle.  Es kommen andere
Leute, und ich ziehe mich mit Nagel zurück.  Er schenkt mir Buch über
gegenwärtige Philosophie in Amerika.  Dann Feilson [?] übersetzt ein
Stück von Bert Brecht; wie mir scheint, gut.
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        Ich fahre mit Ina mit der Bahn zur Grand Zentral [sic] Station.
Dort Nagel.  Wir gehen zum Institute of International Education, Miss White
[?].  Ich erkläre, daß die Frage nach Daten ganz dem Institut überlassen
bleibt; auch über die Honorare will sie korrespondieren.  Sie meint, so
spät wie Mai wird keine Einladung von Berkeley mehr möglich sein.  Ich
sage ihr, dass ich in Cambridge, New York, Princeton einige Tage bleiben
möchte, aber sie notiert nichts.  Sie fragt ausführlich nach der
politischen Lage in Europa. – Wir mit Nagel und Rosiger [?] zum Bahnhof. 
Er hat die Logistik schon für eine private Gruppe in Cambridge übersetzt
(Sohn von Whitehead, Soziologe) (Quine sagt später, daß er Hilfshonorare
bekommen hat); ich sage, daß ich manches ganz anders machen will.  Er
meint, es ist noch viel Zeit dazu. – Sie bringen mich  zum Bahnhof.  Ina
bleibt in New York, um bei Lilian zu sein, und weil Kal[?] kommt.  Ab 12,00
(Day coach).  Boston an 5,05 p.m.  Quine im Bahnhof.  Mit Untergrund und
Elektrischen nach Cambridge.  Kein Taxi zu finden. Zu Fuss mit den Koffern
zu seinem Haus.  Naomi, und das Kind, ½ Jahre alt.  Beide sind
enttäuscht, daß Ina nicht mitkommt und wollen telegraphieren, aber ich
sage, es geht nicht gut. -- 6½ Dinner in der Society of Fellows. 
Whitehead, mit dem ich meist spreche, am Kopf als Ältester, spricht sehr
undeutlich.  Scheint nicht gut auf Russell zu sprechen.  Man fragt mich,
was ich zu Heidegger denke.  Vater und Sohn Birkhoff, beide Mathematiker. 
Der Sohn arbeitet über abstrakte logische Schemata für mathematische
Diziplinen;  Sprachformen [?] der Quantenmechanik, mit Neumann zusammen,
usw; fährt im Sommer nach Oslo. Dann um 11 gehen wir nachhause.  Um ½ 1
endlich ins Bett.
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        Mit Quine Besorgungen, Universität besehen, [unleserlich].  Wir
treffen den Psychologen Pratt, und Schäfer. -- Ich diskutiere mit Quine
eine Menge logischer Fragen.  Er hat mein MS für Dartmore erst gestern
bekommen und in der Nacht (bis ½ 3 !) korrigiert.  Sein Freund McKinsey
(Berkeley) hat Korr[ekturen] zur Syntax gemacht. -- 9 h abends gehen wir
zum Beacon Hill Square. Grosse Volksmenge. Es werden Weihnachtschöre (mit
schönen Melodien) gesungen.  Die Häuser haben ihre Vorhänge offen,
sodass man in alle Weihnachtszimmer sieht, mit Bäumen, und Kerzen im
Fenster.  Dann noch zu Quines Freund Faset (vom Technischen Institut),
Weihnachtsbesuch.  Um 12 zuhause.  Sie schenken mir ein altes Buch von
Tocke, und Päckchen für Ina;  ich ihr ein Buch über moderne Architektur
und ihm Russells Lob des Müsigganges.  Wieder ½ 1 ins Bett!  (Unruhig
geschlafen).
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Mi	Ich lese Quine meinen Vortrag vor.  -- Besuch kommt.  Mit dem Baby
werden unter dem Baum seine Geschenke ausgepackt. -- Mit Quine spazieren. 
Über eine widerspruchsfreie Möglichkeit der […] Zeitbeschau [?]. Über
den Unterschied zwischen P- und L-Bestimmungen. -- Er sagt, dass die
Mehrzahl der Logiker hier durch Modalitätslogik verseucht ist, unzählige
Aufsätze über Implikation und neue Versuche einer verbesserten strikten
(nicht immer autonymen) Implikation [unleserlich]; dabei immer Verwechslung
zwischen Symbol und Bezeichnetem ('the symbolized').  Zu den wenigen guten
Logikern rechnet er Church und seine Schüler Kleene und Rosser. -- 11 Uhr
zu Bett.
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          Vormittags Vorlesung für Kidmans [unleserlich].  Kidman mit
Quine in eine Universitäts-Speisehalle zum Lunch.  Dort treffen wir
zufällig Prof. Prall und Skinner.  Der letztere ist P[…] und Psychologe,
arbeitet über Sprachreaktionen.  Er nimmt uns nach dem Essen mit auf sein
Zimmer; hat als Fellow 2 Zimmer und Bad.  Spielt auf einem Harpsichord ein
Präludium von Bach. -- 4-6 Tee bei Quines. Prof. Hocking, jetzt Head of
Dept., [unleserlich]; seine Frau verwickelt mich in ein endloses Gespräch:
Die Massnahmen des Präsidenten Roosevelt machen die Menschen weich und
zerstören die alte Tugend; die Araber werden in Palästina ungerecht
behandelt.  Susanne Langer, fragt nach Frege; sie spricht gut Deutsch mit
sächsischem Akzent (von ihrer Mutter).  Die Mathematiker Birkhoff und
Sohn.  Huntington; ich erzähle von unserem Treffen New York 1923.  Er
weiss es nicht mehr.  Er erzählt, um die Wichtigkeit von Esperanto zu
zeigen: Whitehead kam zu Cot[…], aber sie konnten nichts sagen als guten
Tag; er kam als ganz junger Mann zu Cot[…] und sprach einen ganzen Tag
mit ihm in Esperanto.  Hocking.  Skinner.  Prall.  Prof. Demos
(griechischer Abstammung).   -- Abends mit Quine zu Whitehead.  Dort noch
Pric [?] (Journalist?).  Quine kennt ihn nicht.  Beide sind sehr
freundlich.  Viel über Politik.  Ich: Warum haben England und Frankreich
Hitlers Aufrüstung erlaubt?  Wh: Man kann nicht eine ganze Nation
unterdrücken.  Ich: Ja, man hätte den Friedensvertrag revidieren müssen,
als Deutschland noch eine Demokratie war; vielleicht wäre dann Hitler gar
nicht zur Macht gekommen.  Er stimmt zu.  Nach dem Essen sind wir Männer
unter uns.  Whitehead bittet mich, die Grundgedanken des Positivismus
darzulegen.  Ich: Erst negative Aufgabe, gegen Metaphysik; dann positiv,
logische Analyse der Wissenschaft; Sinn eines Satzes = Methode der […];
Physikalismus, Einheit der Wissenschaft, Enzyklopädie; Empirismus,
Mathematik ist analytisch, nur Hilfsmittel.  Er: Mit fast allem
einverstanden; nur Erfahrung umfasst mehr als logischer Positivismus.  Er
scheint sehr befriedigt von meiner Darstellung.  Wir gehen alle ins
Wohnzimmer, offenes Feuer.  Noch über Politik; ob man eine Tochter einen
Mann andersfarbiger Rasse heiraten lassen soll.  Beim Abschied sagt Frau
Wh, ich soll unbedingt anrufen, sobald wir nach Cambridge kommen; beide
scheinen wirklich sich zu freuen, mich dann wiederzusehen.
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         Huntington holt uns im Auto zum Lunch in die Universität ab. 
Über Steuer-Gesetze; er ist gegen Schenkungs- und Erbes-Steuern; es sei
eine Geldstrafe für erfolgreiche Arbeit.  Über Korzybski; er rät mir,
mit ihm mal zu diskutieren (er wohnt in Brooklyn), er sei sehr anregend und
sicherlich sehr interessiert an meiner Sprachanalyse.  Über korrekte und
pädogisch gute Darstelllung der Differentialrechnung; Quine sagt: man muss
gesamte Satz[punkte] für die gebundenen Variablen verwenden, um zu zeigen,
dass die Operationen sich nicht auf Zahlen ausdrücken, sondern auf
Variablen beziehen.  --- Zu Henderson, mit Quine.  Er liegt im Bett mit
Magen-Geschwüren.  Über die Soziologie in Deutschland.  Er sagt, die
hiesigen Soziologen seien zwar nicht so metaphysisch wie die Deutschen,
aber andere Gefahr: Sie sammeln ungeheueres Material, ohne leitenden
Gesichtspunkte.  Über Pratts; seine Verbundenheit mit Freud [?].  Das
ganze Gespräch geht nicht sehr tief.  Er macht den Eindruck eines braven,
die richtige Richtung sehenden Mannes, der aber nicht sehr exakt ist. ---
Wir kommen um 4 Uhr nachhause.  Da kommen auch schon die jungen Logiker. 
Dabei auch Skinner, Prof. Langer, Stevens, Prall und mehrere andere.  Ich
erkläre Unterscheidung zwischen logischen und deskriptiven Zeichen; dann
zwischen L- und P-Bestimmungen.  Auch etwas über a- und f-Begriffe. 
Tarskis Wahrheitsdefinition.  Beziehung zwischen einer reinen Wissenschaft,
die einfach ein Teil der Arithmetik ist, und der entsprechenden
[unleserlich] Wissenschaft.  Quine meint nachher, dass Langer Metaphysiker
zu sein scheint; aber sie möchten in seiner Gruppe teilnnehmen.  Bis 7h.
— Frau Whitehead hat Naomi angerufen und ihr gesagt, wie sehr sie von mir
angetan sei, und dass sie sie benachrichtigen soll, wenn ich wiederkomme. 
— Endlich mal wieder um 10 zu Bett.
         
         7h Abfahrt.  Wir frühstücken bei Goodman.  In dessen Auto
zusammen mit ihm, Quine, Prof. Prall, Leonard fahren wir los.  Schöner
sonniger Tag.  In New Rochelle kommen Brodwins und Ina uns im Auto
entgegen.  Wir sind einige Minuten in ihrem Haus.  Dann begleiten sie uns
noch etwas im Auto.  Ina will heute abend nach London, Kanada, fahren. —
Wir fahren von New York (Riverside Drive) durch den Holland Tunnel unter
dem Hudson, bis abends beinahe 10h, noch im Dunkeln. Goodman schreibt eine
Dr. Thesis im Zusammenhang mit meinem Aufbau.  Er berichtet darüber. 
Ansonsten wenig wissenschaftlichers Gespräch; leichte, [unleserlich]
Unterhaltung, und die [unleserlich] Betrachtungen.  Wir übernachten in
West Chester (Pa.), West Chester Mansion House.
         
         2 Stunden Fahrt nach Baltimore.  Wir wohnen im Southern Hotel; da
sind auch alle Kongress-Veranstaltungen (Meeting der Eastern Division der
Philosophical Association). — Nachmittags 3 nicht wichtige Vorträge:
Hillman (“Was ist eine Klasse”, lauter Scheinprobleme, in Anlehnung an
die von Russell und anderen), Baylis (Über Satz vom […] Dritter),
Ushenko (“Sätze über Raum und Zeit”; gegen meine Theorie der
Pseudo-Objektsätze.)  Ich ergreife das Wort, um mein Verständniss richtig
zu stellen.  Nachher noch privat mit ihm.  Er will seine Veröffentlichung
verschieben, bis er die Syntax in Englisch gelesen hat.  Dann privat
Diskussion mit Paul Weiss über Metaphysik; dabei Quine und andere. —
Abends geselliges Beisammensein.
         
         Symposium über Wahrscheinlichkeit: Morris Cohen, Northrop,
Savery.  Northrop über Heisenberg Unbeständigkeitsrelationen; er sagt,
die Quantenmechanik behält die Kausalität bei, da ja die Wellenfunktion
determiniert ist.  Ich diskutiere zu Savery:  Wir sind nicht solipistisch. 
—  Mittags mit Ernst Joos.  Er war sehr erstaunt, als ich gestern
plötzlich anrief.  Er ist Associate [?] Professor der Geologie [?] an der
Universität, 3000 $ Gehalt, 2 Kinder, Haus gemietet ausserhalb der Stadt. 
Seit 5 Jahren hier, fühlt sich wohl.  —  ½ 5 Tee.  Dann Interview in
meinem Zimmer, ausführlich unsere Grundgedanken erklärt, für “Morning
Sun”.  Dazu kommt Irving (Princeton), der mir hilft, die Beziehungen zur
amerikanischen Philosophie anzugeben.  Dann mit diesem Gespräch.  Er
interessiert sich sehr für logischen Positivismus, möchte mich zu
Vorträgen nach Princeton haben, aber Geldschwierigkeiten.  Ich sage, dass
ich von New York leicht kommen kann.  Er soll 100 $ für 2 Vorträge
vorschlagen; falls das nicht geht, halte ich 1 umsonst, und für den
anderen 50 $.  Falls sie aber die Reise bezahlen, komme ich doch für den
Seminar-Vortrag; ob ich [?] dann den anderen halte, lasse ich offen.  Er
kann mich in der Universität unterbringen.  Er sagt, daß Cohen, Lewis,
Northrop usw. den Hegelismus bekämpfen, und daher Verbündete von uns
sind, auch wenn sie noch etwas Metaphysik haben.  —  (Er sagt, daß
Gödel kürzlich nach Wien zurück ist, nervöser Zusammenbruch; Veban [?]
habe gesagt: zu viel Introspektion.) —  Zum offiziellen Bankett (im
Smoking; 2 $).  Ich neben Kroner, mit dem ich aber nur sehr kurz spreche,
und Murphy.  Er fragt [genau?] über unseren neuen Metaphysikalismus.  Er
will darüber schreiben.  Dann die Rede des Präsidenten Pratt über das
Körper-GeistProblem.  Er bespricht die verschiedenen Lösungen, darunter
auch unsere, aber wieder die alten Mißverständnisse.
         
         Zuerst unwichtiger Vortrag Burnham, Ursache in der Geschichte. 
Dann mein Vortrag “Testability and Meaning” (einige Gedanken aus dem
großen MS).  Dann spricht Lovejoy (Programmänderung) ausführlich über
mein gr. MS Testablity.  Er meint, nun ist alles konventionell, und die
Metaphysik können wir nicht mehr als sinnlos hinstellen.  Ich antworte
dann ausführlich auf ihn, sowie auf Bemerkungen von Demos, Weiss, Savery,
und anderen.  Bis ½ 1.  Dann mit Quine, Coley u. a. zum Bahnhof. 
1,19-1,57 nach Washington.  Lunch im Bahnhof.  Auto zum Flugplatz. 
Direktes Flugzeug (36$) nach Chicago, (American Airlines), 3,15-7,22 (C.T.,
also 5 Stunden).  Sehr angenehme, ruhige Fahrt.  Großes Flugzeug mit 14
Sitzen; Stewardess (nimmt kein Trinkgeld an); Halt in Cincinnati und
Indianapolis.  Zuletzt gibt es Abendessen, unberechnet.  Am Flugplatz
Chicago Ina und Morris.  Ina war kurz in London (Kanada), auch
[unleserlich] heute Wohnungen angesehen.  Wir zu Morrisens.  Seine
Schwester ist auch da; der Physiker Eckert und Frau kommen.  Abends gehen
wir ins Hotel Harvard, 2 dürftige Zimmer.
              
              Wir mit Frau Morris Wohnungen besehen: Wipples [?]
Privat-Wohnung; Appartments in Ap. Hotels: Midway, [unleserlich],
Windermere.  Nachmittags mit Ina und Morris die Universitätsgebäude
besehen, und in die philosophischen Gebäude und mein Office.  Wir
entscheiden uns für Midway, obwohl nicht vornehm; es ist ruhiger als
[unleserlich] und nicht so übermäßig elegant wie Windermere; Wipples ist
ruhig, wird aber erst Di. frei.  Wir kommen nun endlich in die eigene
Wohnung, Midway Apt. Hotel, 1535 E 60th, Apt. 601, ganz oben, helle Räume
mit großen Fenstern, Blick auf den Park.  Ein großes Zimmer mit
Küchennische und großes Klappbett.  Dahinter Badezimmer.  Beim Eingang
kleines Zimmer (jetzt 2 Betten; wir ändern: Schreibtisch und Tagesbett)
und closet für Kleider.  Leider in der Nacht Lärm der nahen Eisenbahn.
              
         10 h zur ersten Vorlesung.  Auf Morris Rat nur 10 Minuten
Lage-Vorbemerkungen; etwa 12-15 Hörer. —  Nachmittags 2 ½ erstes
Seminar, etwa 8-10 Teilnehmer; nur ¼ Stunde Vorbemerkungen und Literatur.
         
    10-10,50 erste richtige Vorlesung.  Dann zu Morris Office; Vorträge
für April besprochen.  ½ 1 Dept. Lunch.  Der taube Prof. Svensson
(Schwede), der in Baltimore war, spricht mit mir.  Er ist sehr für
[unleserlich], nennt ihn im Scherz den künftigen Präsidenten.  Morris
sagt mir nachher, dasß Svensson 2 Professoren für Minnesota braucht; er
selbst war dort beabsichtigt.  Svensson sagt, ich soll dort einen Vortrag
halten. —  (Ina mit Frau Morris im Konzert).
        Ruhiger Tag zuhause.  Englische Syntax fertig durchgesehen.  Sachen
gekramt.
      Mittags laden wir Morrisens ins International groß ein.  Dann mit
diesen hierher zum Tee.  Dann Wohnungen gesucht (weil hier so viel Lärm
von der Eisenbahn).  Abends zu Morrisens.  Er erklärt mir Einiges aus
seiner Semiotik; frage, ob ein Zeichen sich selbst bezeichnen kann;  ich
sage: ja. Dort gegessen.
       Vorlesung vorbereitet.
    10 Vorlesung.  11 mit Ina und Morris ruhige Wohnung in Kimbark Ave.
besichtigt. Sie ist aber weniger nett als unsere jetzige. Mittag, ½ 1-½ 3
Lunch mit Garrison und McKeon, dem Dean der Division. Dieser ist noch ein
junger Mann. Wir sprechen über Wittgenstein, meinen Aufbau und Garrisons
Buch (er gibt zu, daß es Mischung von Psychologie und Philosophie ist, er
werde künftig nur Philosophisches schreiben). Über Logik des 14.
Jahrhunderts. — Flamingo Hotel besehen; schöne Lage und Einrichtung,
aber teuer (3. Stock 115; 15. Stock 125) und weit von der Universität. —
Wir bleiben zunächst doch in unserer Wohnung, weil hell und geräumig.
        10 Vorlesung.
       10 Vorlesung. 2½ - 4½ erstes richtiges Seminar. Satz-Kalküle. Es
geht ganz gut mit der Sprache. Morris ist sehr zufrieden. Etwas Diskussion.
— 6½ - 11 großes Dinner der Trustees für die ganze Faculty.  Smith
stellt mich den Trustees vor. Mit Morris am Tisch. Allerhand Ansprachen,
auch vom Präsidenten Hutchins über akademische Freiheit.
       10 Vorlesung (Ina dabei). — ½1 Lunch. Danach mit Morris über
seine Vorträge in der Di-Gruppe.
       
       Vormittags mit Morris im Park spazieren. Die Chancen meiner Berufung
hierher. Es kann auch sein, daß es nur für 3 Jahre anstatt dauernd
gemacht wird. — 5 - 6 haben wir unseren ersten Besuch: der junge
Professor Charles Perry und Frau. Er sehr schweigsam und [unleserlich];
erinnert an Otto Schöndube, wahrscheinlich mexikanisches Blut, stammt aus
Texas. Etwas über soziologische Wissenschaften; Paretos.
       
        Mittags werden wir Professoren Lanz mit Prof. Ralph Barton Perry
aus Harvard, der für 2 Wochen hier ist [sic, verb missing]. Über Sprache;
Notwendigkeit der “Ilax- […] “[…]” usw.
        
        4-6 Morris’ Gruppe für wissenschaftliche Logik, mein Vortrag
“America and Empirical Sequence”; lebhafte Diskussion, besonders der
Amerikaner Bliss (er sagt, trotz vieler Diskussionen habe ihn niemand
überzeugen können, daß die gewöhnlichen Zahlen die Axiome von Peano
befriedigen).
        
        3 h ein Student hier, Schüler von Eck[...]; will Master-Arbeit
machen, Anwendung der logischen Syntax auf Physik.
        2-4 Seminar.  Diesmal auch Hartshorne und Link—4½ zur
Komitee-Sitzung des Universitäts-Verlages.  Ich soll über Enzyklopädie
Auskunft geben. Ich schildere den allg. Plan.  Man nimmt es anscheinend
günstig auf, und meint, daß ein solcher Plan gerade in der Richtung der
University Press läge.
         
        Universitäts-Bank. — Mittags Lunch mit Prof. Schultz,
internationaler Ökonom.  Er erzählt von einer Anwendung der Mathematik
auf Ökonomie, Beziehungen zwischen Preis, Angebot und Nachfrage.  Nachher
zeigt er mir sein Institut mit feinen Rechenmaschinen und viele
ausgerechnete Tabellen, um seine mathematisch formulierte Hypothese
nachzuprüfen.  Bis 4h. — Abends Dinner des Dept. für uns, Prof. Perry
(Harvard) und McKeon kommen.  Ich zwischen Frau Morris und McKeon.  Nachher
mit Ina und Prof. Ames, über seine Kirche. Bis 11h.
        
        ½6 Morris hier.  ½7 wir und Morrisens bei Prof. Link und Frau. 
Er ist Pflanzen-Patologe, interessiert an Klärung biologischer Begriffe,
sie Chemikerin (Prof.).  Beide nett und nicht konventionell.  Er zeigt
Bilder aus den Bergen Kanadas, wo er immer den Sommer zubringt und
klettert.
        Nagels Freund Schapiro von Columbia hier.  Kunsttheoretiker, aber
an Logik und Wiener Kreis sehr interessiert; Kommunist.  Interessanter
Mann. [Prof. Kroner aus Kiel hält Vortrag; und ein Tee wird für ihn
gemacht; ich nicht hin. [?]]
        Abends Vortrag von Perry-Harvard “The First Person Plural, or the
Noun of Reflective Argument”; über das “wir”.  Einiges ist
interessant, aber zu wenig Unterschiede zwischen der logischen Analyse der
theoretischen Bedeutung von “wir” und der psychologischen Analyse der
Begriffsvorstellung.
        
        Grausige Kälte: -20˚F = -29˚C!  Ina bleibt zuhause.  Ich gehe
mit Ohrschützer-Band und Inas Skimütze (Mephisto Mütze) zur Vorlesung
und zum Seminar.  Abends mit Bloomfield, seiner Frau und Bruder essen im
Sch[er?]land Hotel, dann zu ihm in die Wohnung; sie haben eigenes Haus,
weiter nördlich.  Er ist Linguist, auf behavioristischer Grundlage, Freund
von Paul Weiss gewesen, schreibt klar, interessiert sich für unseren
Physikalismus.  Sie sammelt “alte” Sachen, Möbel, usw. (40 Jahre alt).
 Bis 11h.  Sehr wenig wissenschaftliches Gespräch.  Der Bruder ist
Chemiker, war längere Zeit in Wien.
              Nachmittags Frau Hartshorne hier; ich noch kurz dabei.
         
        Briefe geschrieben.
        Briefe geschrieben.—Nachmittags wir zu Morrisens.  Ich mit Morris
zum Konzert in die Universitätskirche, nur ½ Stunde dort geblieben:
Chöre von Palestrina und Reger, Prälidium von Bach.  Wieder zu Morrisens.
 Über seinen Brief an Neurath.  Ich muss Trude erklären, warum ich sie
“irrational” genannt habe.
           Briefe geschrieben.
           
           Mit Ina zum ersten Mal in die Stadt Chicago (“Loop”).  Mit
Trude Morris Inas Kleid.  Dann mit Ina auf den Wrigley Tower; leider
dunstig.  Zum Postversand-Haus Montgomery; gr. Enttäuschung: nur Büros. 
Einiges noch eingekauft. 
        Nachmittags Seminar.
        Nachmittags ½ 3-½ 6 Klinik.  Ich lasse ganze Untersuchung machen,
ohne besonderen Anlass.  Dr. Jados findet alles in Ordnung, will aber Brust
und Zähne röntgen lassen.
          
          Abends Morrisens zum Essen hier.  Dann zusammen ins International
House zum Kino “Der letzte Mau[…] von Dreier [?]; sehr lustig. Und eine
Menge Trickfilme
        Nachmittags Seniors hier.  Er Prof. der Chemie; sie ist Russin aus
Wilma, macht Psychotherapie.  Er will uns die Stadt zeigen, vielleicht nach
Urbana fahren, usw.  Sie lehnt auch die sinnlose Damen-Besucherei ab.  Er
erzählt von Afrika, wo er 1 Jahr als Militär-Chemiker war; die
Langsamkeit und Unzuverlässigkeit der Franzosen; analog zu den Wienern.
        10-11 Klinik.  Röntgenaufnahme der Zähne.  Untersuchung des
Rachens.  Der Arzt rät Mandel-Operation!  Die Mandeln infizieren den
Körper; vielleicht sind sie Ursache des Rheumatismus und der Grippe.—Ina
lässt einen Zahn ziehen, hat dann eine Woche lang Schmerzen.
        
        11 zu Senior; über Finitismus; Relationstheorie. – Abends ½
7-10 Dinner bei Seniors.  Ina geht nicht mit wegen Zahnschmerzen.  Kurz
noch Eckart und Frau; und Hamilton und Frau.  Sie ist Tillys Schwester, das
vermutete, als ich seinen Namen las.  Sie war mit Tilly in Jena auf der
[Laufen?]höhe.  Letzen Sommer war sie 6 Wochen in Europa, davon 2 in
Schweden, “das ist ganz genug.”  Hamilton scheint demokratisch und
liberal.  Wir sprechen über […] Englisch und künstliche Sprachen. 
Über Unterschied zwischen Harvard und hier.  Hamilton war an beiden
Plätzen, sagt: hier typischer Amerikanismus, Neutralitätspolitik, wenig
Interesse an Europa, in Neu-England Blick nach Europa gerichtet.
        11 zur Klinik; auf Grund des Röntgenbildes rät er, 4 Zähne
ziehen zu lassen(!).—Lunch mit Hartshorne und Frank Knight.  Dieser ist
ein mürrischer, skeptischer internationaler Ökonom.  Er macht Einwände
gegen Physikalismus.  Man könne Sozialwissenschaft nicht behavioristisch
beschränken.  Hartshorne hilft mir (!) auf Grund des Peirce’schen
Nachprüfbarkeitsprinzip.
        4½-6 bei Hartshornes zum Tee, mit Ina.  Es kommen auch: Wick,
Robbins,         . [sic]  Ich über Möglichkeit, [….] in basic [?] oder
in künstlicher Sprache zu machen.  Die anderen bezweifeln, ob der richtige
“Einklang” nicht fehlt. – Nachher wir beide zu Morrisens, bleiben zum
Essen.  Ina ist übermütig, schüttelt und küsst Morris, weil er zu
würdig aussieht.  (Morris hat seiner Frau gesagt, daß er
Inferioritätskomplexe bekomme und mich beneidet, wegen Seminar und
Testability-Aufsatz (!).
        Mittags Professoren-Lunch. – 4h zum Präsidenten Hutchins,
Hartshorne führt mich ein und geht dann.  Er spricht sehr freundlich mit
mir über Organisation der Universität, Freiheit der Lehre, gesichert
durch die Trustees gegen den Staat.  Er weiss, daß Professoren in meinem
Seminar sind. – Mit Morris über meine Chancen hier; und über
Vortragstitel für Urbana und Columbia.
        Nachmittags allein in die Stadt.  Schneegestöber.  Roebuck und
allerhand Läden, aber kein Seckles [?] Laden.  Im 10¢-Store lustiges
Deutsch-Buch.
        Ina bleibt zu Bett wegen Zahn. – Di-Vortrag und Vorlesung
vorbereitet.
        
         4-6: Morris Gruppe für Wissenschaftslogik, mein Vortrag
“Verification a. the Unity of Science”.  In der Diskussion macht McKeon
falsch e Behauptungen über Umformung der Reduktionsformeln oder
Definitionsformeln, und ich zeige, daß das nicht geht; er blamiert sich
ziemlich; ob er das übel nimmt?
       2-4 Seminar. 4 zu Dr. Jacobs.  Er rät auch, wie die Spezialisten:
“Zähne ziehen, Mandeln herausschneiden!  Und in der linken Lunge oben
seien immer noch Tub [?]-Prozesse; Sanatorium nicht nötig, aber vielleicht
Ruhe, immer Liegen, gar keinen Sport treiben.  Ina erfährt von Trude, daß
Senior bei Morris war und sich ungünstig über mich geäussert hat!
        Morris meint, die Äusserungen von Senior seien nur Stimmungssache,
wechselnd und nicht ernst zu nehmen; aber mir scheint, er sagt mir nicht
alles.
        Vortrag MS Unity gearbeitet.
        Nachmittags bei Morrisens.  Ina macht Morris Vorwürfe, daß er
nicht offen uns die Schwierigkeiten sagt, und daß er auf Trude böse ist,
weil sie es uns gesagt hat.  Abends geht er zu Senior (und mich hat Senior
unter einem Vorwand wieder ausgeladen; er liest seine Übersetzung von
Mengers Vortrag über moderne Logik vor).  Wir mit Trude zum Abendessen.
        
         Nach der Vorlesung mit Senior.  Über räumliche Deutung der
Atomstruktur molekularer Strukturen. – Briefe.
         Nachmittags 3-4 Trude uns bei [sic].
         4-5 mit Schultz Tee in Harpers.  Über Wittgenstein.  Trennung von
theoretischer und wertender internationaler Ökonomie wünschenswert.  Er
gibt das zu, und hier in Chicago bemüht sie sich darum.  Aber es sei
prinzipiell immer noch kombiniert.  Über Wahrscheinlichkeitsbegriffe.
         ½ 12-½ 1 mit Morris und Frank Bruner über dessen MS zu ein
[sic] verbessertes System der PM.  Es scheint gut.  Ich erkläre: die neuen
Typen sind von transfiniter Stufe [?].  Ich erkläre die Unklarheiten
seines Textes, wie bei Russell, durch Material der Beweise. –
Professoren-Lunch. – 2-4 mit Morris und Eckart.  Dieser hat Brief von
Paul: Anwendung der symbolischen Logik auf Physik ist zwecklos; die
Unbestimmtheitsrelation beruht auf der Beziehung zwischen Subjekt und
Objekt; er philosophiert arg herum.  Eckart ist klar in seinen
Anschauungen, und will symbolische Logik anwenden.  – 6h mit Ina zu
Morrisens.  Morris sagt, daß Ames Lewis nochmal gefragt hat wegen Berufung
hierher, obwohl das Dept. dachte, die Sache sei schon erledigt.  Lewis hat
eine Woche Bedenkzeit erbeten. – 8-10 mit Morrisens und Eckarts ins Kino
International House.  Interessanter abstrakter Film.  Dann Don Quichotte,
französischer Film, gut gespielt, aber keine Worte verstanden. – Nachher
wir und Eckarts noch mit zu Morrisens für 1 Stunde.  Über die Insel der
Kinder [?] ohne Metaphysik.  Ina untersucht.  Findet bei allen Anwesenden
innerlich beide eine “Seele”.
         Briefe.
         Nachmittags 4-7 Weinberg hier mit dem 18jährigen Thompson und
dessen Freund, ein Rechtsanwalt.  Weinberg kommt aus Zainesville, für
mehrere Tage, um mit mir zu sprechen.  Hat Logik nur durch Lesen gelernt,
auch Syntax studiert.  Ich erkläre ihm Gödels Satz.  Er hat eine
Doktorsthese über den logischen Positivismus geschrieben; ich schlage ihm
vor, sie auf einen aktuellen Stand zu bringen, durch Berücksichtigung der
neueren Veröffentlichungen, und dann erst zu veröffentlichen.
         
         Mit Weinberg 11-12½, dann mit ihm und Morris Lunch.
        
        
         Weinberg im Seminar (ich erkläre Gödel, dann 4h mit zu uns.  Er
möchte Poppers Buch übersetzen. -- ½7. 
          Senior in meinem Office; mein Vorschlag zur Charakteristik der
Gruppen durch Matrix mit Minimalzahlen. – Professoren-Lunch. – Nachher
mit Tillich (und dem Freund Pick [?], deutscher Kirchengeschichtler, der
hier unterrichtet).  Tillich ist in New York an einem unionistischen
Institut.  Er hat Vortrag von Schlick gehört und 2 von Dubislav, aber kaum
etwas gelesen.  Er meint, wir vernachlässigen den größten Teil der
Wirklichkeit, nämlich die Sinnerfüllung in Geschichte und Menschenleben. 
Phänomenologie; er meint, das sei nicht metaphysisch, sondern empirisch;
es ist aber arge Metaphysik.  Es sei ein Fehler, daß wir die Begriffe
eindeutig machen wollten; das dürfe man nicht in der Geschichte z.B., weil
die Wirklichkeit ansonsten nicht erfasst werden könne. – Abends 6-10
(oder 11?) Dinner bei Morrisens mit Eckart.  Nette Unterhaltung.  Inas
Theorie von den Seelen.
          Vortrags-MS “Unity” gearbeitet.
           Nachmittags Hamiltons hier.  Er hat Interesse für Mathematik
und Logik.  Sie haben 2 gr. Töchter und 1 Sohn.  Er ist nach Amerika
gegangen, um mehr Zeit für Laborationsarbeit zu haben, und dabei doch
gutes Einkommen.  Über Inas Menschenscheu. – Nachher Hartshorne,
Kurzbesuch.  Er meint, Tillich sei der beste deutsche Theologe, beobachtet
gut, mache gute Voraussagen über die Entwicklung in [?] z.B.
        Vortrag-MS gearbeitet. – Anfrage von Princeton!
        
        11-1 mit Senior und dem Mathematiker Lunt über meinen Vortrag zur
Kennzeichnung endlicher Gruppen durch minimale Modalitätstafel.  Es stellt
sich heraus, daß es geht, und Senior ist sehr entzückt davon.  (Er
telefoniert das später an Morris und sagt, daß er es dem Präsidenten
mitgeteilt habe (!)).
        Letzte Vorlesung.  Jetzt beginnt der Leseperiode; ich täglich in
meinem Office für die Studenten. -- ½ 5-7 mit Ina bei Perrys.  Vorher
fährt er uns im Auto zum Seeufer und Jackson Park.  Gespräch mit ihm
über seine Bedenken gegen Behaviorismus in der Sozialwissenschaft.  Ich
versuche klar zu machen, daß die “Interpretation” und das
“Verstehen” der Situation wovon er spricht, eine Funktion der
physikalischen Beschaffenheit der Situation ist. – 7-9 zu Morrisens. 
Über Princeton; und McKeon.  Dieser scheint nicht gewillt, dauernde
Ernennung zuzugestehen, aber vielleicht zeitweise.
        10-12 erste Sprechstunde, kein Student kommt.
        Mit Ina Chic.-Englewood ab 11,41 (E.T.), Iowa City an 5,40
nachmittags, anstatt 4,02 (C.T.).  Feigl holt uns ab.  Wir wohnen in ihrem
Bungalow, geräumig, nett eingerichtet.  Wir kriegen sogar getrennte
Zimmer, die von ihnen beiden.  Der Sohn Eric, “Hansi”, liegt mit den
Beinen im Gipsverband, ist aber meist vergnügt.
       Vormittags mit Feigl in sein Office; 2 Professoren besucht über
philosophische Fragen, und Ansichten in Amerika.  Nachmittags im Radio
Beethovens 9. Symphonie.  Der junge Psychoanalytiker Bill Woods, mit
Kasperle befreundet, und ein junger Techniker aus Wien.  Später Lewin und
Frau.  Mit ihm über seinen Aufsatz über den hodologischen Raum.  Ich gebe
einige Anregungen zu korrigierenden Definitionen; Unterschied zwischen
Funktor und Prädikat.
	
	 Mit Kasperle.  Sie klagt, daß es mit Feigl jetzt unerträglich sei.  Sie
selbst sei zum größten Teil Schuld.  Aber nun müsse sie mal weg.  Sie
möchte nach Chicago, psychiatrische Fürsorge studieren.  Feigl sei
abgeneigt nicht für diesen Plan.  Er wolle sich mit ihr ruhig sprechen;
sehe sie nicht mehr als Frau an, usw.  Zu Feigl ins Office; mit ihm 2
Professoren besucht.  Dann zu Fuss zurück, und Ehe-Schwierigkeiten
besprochen.  Er meint, der Plan von Kasperle sei eine unbewußte
Demonstration gegen ihn.  Wenn sie sich freundlicher zu ihm einstellen und
alles leichter nehmen, und nicht mehr so streng und vorwurfsvoll sein
wollte, würde es schon gehen. – Nachmittags kleiner Spaziergang mit
Feigl.  Über die unterschiedlichen Leute, die für Prag in Betracht
kommen.  – 6-8 großes Dinner, von Feigls eingeladen, in der Union, mit
20 Personen.  Mir gegenüber der Dean Seashore, alter Mann, der mich sehr
nach Prag und Europa ausfragt.  8h mein Vortrag “Unity of Science”,
über 100 Leute.  Ich lese ab; dann etwas Diskussion.
         (Ina sagt: Wenn schon so ein ruhiges Kind so viel Störung in der
Nacht macht, dann vielleicht doch lieber kinderlos!).  Ich telegraphiere an
Morris: Sprechstunde verlegt; Kasperle möchte, daß ich noch bleibe, um
noch zu besprechen.  10-12 Konferenz; dabei mein Vortrag “Log. Math. a.
Emp. Sc.”, frei gehalten.  Geht gut.  1 Stunde Diskussion. – Frau Dr.
Kosteletz, Bekannte von Lewins, berichtet mir über die Dubislav-Sache,
wobei sie Zeugin war.  Er ist mehrere Monate frei gewesen, bevor er
verhaftet wurde; trotz allem Drängen wollte er nicht weg.  Er könnte nach
Russland, wurde als Dozent genommen.  Hat sicher unter der ganzen Sache
gelitten.  – Nachmittags mit Kasperle spazieren.  Nachher sage ich Feigl,
daß sie mit ihm und mir alles besprechen möchte.  Er will es aber lieber
mit ihr alleine, und nötigenfalls Bill hinzuziehen, als Analytiker. 
Darauf wird sie sehr heftig und böse, weil sie glaubt, er will der
Aussprache wieder ausweichen.  Abends weint sie viel; schwierig, sie zu
beruhigen.
         9 (C.T.) Iowa C. ab, 3,15 (E.T.) in Chic.  4-5 Sprechstunde, kein
Student kommt.  Morris berichtet von heftigen Auseinandersetzungen des
Departments mit McKeon.  Vielleicht wird es Kampf geben, obwohl die
Gegenseite die besseren Chancen hat.  Auf 1-Jahr-Einladung wollen sie nicht
eingehen, weil das als Zustimmung gedeutet werden würde, daß eine weitere
Probezeit nötig wäre. – Mit Ina kurz zu Schultz. – 
         Sprechstunde, zum ersten Mal 1 Student.  – Letztes Seminar.  Der
Pfarrer Kurins macht zum Schluß eine Dankansprache. – Zu Dr. Wells.  2
Zähne gezogen, 1 mit drei Vorzähl[…?] geht schwierig.
         Vormittags Sprechstunde.  Die Studenten liefern term papers
ab.—Nachmittags in die Stadt, zu Dr. West, Freund von Morris, alter
Zahnarzt; auch er rät, obwohl konservativ, die 4 Zähne auszuziehen, die
auf dem Röntgenbild markiert sind!  Fordwagen besichtigt. – Abends 7-10
mit Ina zu Morrisens.  Morris will mit seinen 20 “Nachtreitern” den
Kampf mit dem Präsidenten aufnehmen; zunächst um den Einfluß im
College.
         Zu Dr. Kelly.  Er rät, nach der Rückkehr von Urbana 2 Goldkronen
herauszunehmen. — ½ 3-5 mit Perry und Ina  gebrauchte Autos besichtigt. 
Wir werden ganz verwirrt durch die Fülle der Auswahl. -- 6½-11½ Dinner
bei McKeon.  Nur Männer: Hartshorne, Perry, Thurstone, Barnary [?],
Schultz.  Barnary ist Professor der Mathematik, war in meinem Seminar, ist
an Logik interessiert, hat Sachen von von Moore [?] herausgegeben. 
Thurstone fragt nach der Definition der Messung; ich erkläre die 5 Regeln.
 Perry über “analytisch”; man diskutiert darüber sehr unklar. 
Schultz fragt, wo die Fakten ihren Platz in unserer Philosophie haben; er
meint die Verifikation.
         Vortrag für morgen vorbereitet. – Briefe.
         Angebot von Princeton! – Chicago ab 2,11 (E.T.),
Champaign-Urbana an 3,30 (C.T.).  Prof. Morrow holt mich im Auto ab. 
Rundfahrt durch den Campus, riesiger Komplex von Gebäuden.  Die
Bibliothek, schön und bequem eingerichtet.  In eine […] Stube.  Dann zum
University Club, dort bekomme ich ein Zimmer mit Bad. 6h einfaches Dinner
mit dem Dean McLeone (?) und 2 anderen Professoren, einer von Princeton
(Emeritus).  7:30 mein Vortrag “Scient. Philos. in Contemp. Europe”,
großer Saal, viele Zuhörer.  Stellenweise vielleicht zu schwierig;
besonders das über Lewis (was Feigl suggeriert hatte).  Keine Diskussion. 
Bis 10h im Hause des Deans mit vielen Leuten.  Ein wenig unterhalten.
         Vormittags Hempels MSe und Chicago term papers gelesen. –
Mittags Lunch mit allerhand Leuten.  Nachher Diskussion mit Morrow über
Auffassung der Werte. – Etwas geschrieben.  Spaziergang.  Morris ist
hier, 6h Dinner mit den Professoren.  Morris erzählt über Kongress und
Enzyklopädie.  7:30 mein 2. Vortrag “Logic, Mathematics and Empirical
Science”.  Nur 50 Minuten, weil ich schnell und lebhaft spreche; es geht
gut.
        Vormittags mit Morris spazieren.  Über mein Princeton Offer. 
Mittags mit Morris, McLeons, Morrow und Frau.  Über analytische Sätze. 
McLeons fragt, wieso ich, von deutscher Herkunft, die deutsche
traditionelle Philosophy ablehne.  4h 3.Vortrag “Unity of Science”,
abgelesen.  Morrow sagt, das sei der beste gewesen.  Er bringt mich an die
Bahn.  Dort Morris.  Mit ihm zurückgefahren. Champaign ab 6,05 Chic. And
(9,10 C.T.), 10,10 E.T.
        10½-12 Office.  Studenten bekommen term papers zurück.
          
       10-12        “       “                            “           
   “     “           “ 
Damit ist das Winter Quarter fertig.  Mittags letztes Professoren-Lunch. 
Dabei Prof. Götz (Ästhetik), früher Berlin, seit 2 Jahren Amerika. 
4-6¼ in Morris Gruppe mein Vortrag “Die neue Logik” mit netter,
lebhafter Diskussion, auch über Wahrscheinlichkeit und Sicherheitsgrad.
         10-1 mit dem jungen Bray Auto gefahren, weit hinaus nach Süden. 
Es geht ganz gut, aber noch unsicher. – Nachmittags 4-10 Ursula Kaufmann
hier.  Sie wohnt bei ihrem Großonkel; ein junger Verwandter,
Medizinstudent, kommt für kurze Zeit mit, spricht etwas Deutsch.  Sie
erzählt sehr lebhaft.  Findet alles “fabelhaft”.  Sie möchte noch ein
Jahr bleiben, in einem College in Florida, wo sie teilweise eingeladen ist
(Rollins College).
         
         10½-12½ Auto gefahren, mit Bray.  Im Stadtverkehr, auch den
Southern Drive herunter. – Nachmittags zu Hamiltons.  Wir beschließen,
selbst zu fahren.  Zum ersten Mal ohne Lehrer!  Schwieriger Start,
schwierige Umwege.  Dort Thurstone und Frau.  Mit ihm und Hamilton über
psychologische Tests usw.  Ina langweilt sich mit den Frauen.  Die Tochter
erinnert mich an Tillys kleine Schwester.  Die Wohnung ist mit
Schwedenmöbel sehr konservativ und familienhaft eingerichtet.  – Bei der
Rückfahrt stosse ich rechts an einen anderen Wagen an und zerstosse meinen
hinteren rechten Flügel!  Thurstone kommt und fährt uns bis Morris. 
Morris fährt mit mir etwas herum.  Dort zu Abend.  Morris meint, McKeon
scheint einlenken zu wollen.  Aber sie möchten nicht auf einen Kuhhandel
(gegen Buchanan [?]) eingehen.  Abends kommt Morris mit, ich fahre in die
Garage, 59th St.
         MS für Vortrag “Philosophie und logische Analyse” gearbeitet.
(Ina fährt Auto mit Bray.)
         MS gearbeitet. – 6½ Dinner mit Morrisens, Eckart, und Pauli und
Frau.  Im Club; dann zu Eckarts.  Paulis waren ½ Jahr in Princeton am
Institut, kehren im April nach Zürich zurück; nehmen ihr Auto mit.  Er
spricht ziemlich schlecht Englisch.  Nachher lebhafte Diskussion.1) Es muß
sinnvoll sein, zu sagen, daß die Seele eines Verstorbenen noch lebt; ich
stimme zu.  2) Zweifel am Satz der Anwendung der Logik auf Physik.  Ich
erkläre: Sprachanalyse, exakt machen der Wörter in den Gesetzen;
Übersetzungsregeln zwischen physikalischen und Dingsprachen; dem stimmt
Pauli dann zu.  3) Seine “Anti[onie?]” oder “fundamentale
Schwierigkeit”: Gegensatz Subjekt-Objekt stecke in jedem Satz und könne
doch nicht scharf gemacht werden.  Wir erklären (Morris behavioristisch),
daß hier keine fundamentale Schwierigkeit vorliegt.


III 1936
        Vormittags MS. – Nachmittags 5-6 mit Morris Auto gefahren (Ina
4-5).  6½-10½ Ursula Kaufmann hier.  Sie erzählt lebhaft von ihren
Eindrücken.  Wir zeigen Photos.  Sie bittet sehr, sie im College zu
besuchen.
        MS fertig gemacht. – Nachmittags 2 Stunden mit Morris Auto
gefahren.
        Vormittags 2 Stunden mit dem Lehrer Auto gefahren, im Stadtverkehr.
 Michigan Ave., hinunter, am Wrigley Tower vorbei, nach Norden in den Park,
und ebenso zurück.  Allmählich fühle ich mich schon ziemlich sicher. –
Mittags Lunch, letztes, mit den Professoren.  Benjamin [?] ist dabei, von
der Weltreise zurück.  Diskussion mit Hartshorne über “Zukunft”,
“Zeit”, “Kausalität”, auch Morris. – Nachmittags Briefe.
         Abschiedslunch bei Hartshornes. – Nachmittags geschrieben und
gekramt. – 7-11¾ ! Dinner bei Schultz.  Dabei noch Prof. Arstade [?] und
Frau.  Er ist von spanischer Herkunft; studiert Indianersprachen in
Guatemala und Mexico.  Berichtet interessante [Züge?]; will alles
empirisch fundieren; grammatische Kategorien “Verb” usw. allegemein
definieren.  Schultz sagt mir, daß er mein dauerndes Herkommen
unterstützen möchte; ich soll bei McKeon am Montag möglichst viel
verlangen.  
         Nachmittags 3-4 Vince hier, Ernis Freund, [Engländer?],
Sozialist. – Abschiedsbesuch bei Perrys und Seniors (sie laden uns ein,
wenn wir durchreisen, bei ihnen zu wohnen!).  Abends bei Morris.
         11-11½ bei McKeon; er macht Offer: permanent (!), 5500, nur 6
Stunden.  Und wenn ich mit spezieller Arbeit beschäftigt, soll ich mich an
ihn wenden, um Dimens [?] von 1 oder mehr 2 Kursen [sic], oder 1 Quarter
frei für Europareise und dergleichen.  Wenn günstigere ökonomische
Verhältnisse, Gehaltserhöhung. – Zu Morris; über künftige Kurse.  Mit
ihm und Schultz Lunch.  Nachmittags gepackt.  Ina tut fast alles.  Trude
kommt und hilft ihr etwas. – Abends kommen Morris, Perry und Smith zu
einem Glückwunschtrunk.
         Wir werden mit Packen erst mittags fertig.  Abfahrt im Auto 1h. 
Es macht viel Spaß.  Ich fahre meist, Ina beobachtet die Karten und die
Routenbeschreibung.  Zuletzt fährt Ina.  Es wird dunkel.  In den Pokagon
State Park, Ind.  Beim Einfahren in die Garage verkratze ich einen Fender.
           Wir besehen im Park die Büffel und Rentiere.  Dann im Auto
weiter.  2h Ann Arbor, Hotel Allenell  [unleserlich] dürftig.  Wir sind
sehr müde, schlafen etwas.  Dann etwas geschrieben.  Abends Kino, Film
“Modern Times”, Chaplin, gefällt uns gut.
        Prof. Wibbert kommt ins Hotel, wir machen Verabredungen.  Etwas
geschrieben. – 4 mein Vortrag “Philosophy and Logical Analysis” (aber
auf Morris Rat mit dem Unity-Vortrag als Haupteil).  Wibbert zeigt uns
nette ruhige Zimmer im Club “Michigan Union”; es ist zu spät zum
Umziehen; hätte er das doch morgens gesagt!  6:30 Dinner mit den
Professoren.  Sellars sagt (auf meine Frage!) ich möchte abends nochmal
sprechen, vielleicht über Mathematik.  Ich setzte mich 10 Min. allein. 
Überlege.  7:30 mein Vortrag “Mathematische und empirische
Wissenschaft”, mit Diskussion.  Sie haben Schwierigkeiten mit einigen
Punkten im Satzkalkül, und mit der leeren Satzklasse.  – 9h.  Dann zu
Sellars, dort viele Leute.  Mit Wibbert über politische Lage in Europa. 
Dann mit Frau Wibbert.  Ich bin sehr müde.  10½ nach Hause.
        12½ Lunch mit Professoren.  Über Gestaltpsychologie und Psycho-
physikalische Probleme.  Über europäische Politik.  Brief von Chicago:
permanente Professur! – 4h Professor Wibbert fährt uns im Auto durch den
Campus und zeigt uns einige Gebäude.  Dann Tee bei Wibberts mit allerhand
Professoren, Nicht-Philosophen. – Ina müde, geht nach Hause.  Ich 7-11½
(!) zu Höxter; Miss Ambrose und 2 Studenten.  Sie erzählt viel von
Wittgenstein, auch Kritik an ihm, ist aber doch sehr beeindruckt von seiner
Persönlichkeit.  Nach dem Dinner über Logik: was ist eine Sprache; was
ist ein Word [sic]; wodurch ist es bestimmt, daß ein Wort die Bedeutung
eines Prädikates hat (nämlich in den Fakten); usw.  Sie wissen
anscheinend noch fast nichts von der Syntax, obwohl Ambrose sie zum Teil
gelesen hat; wollen aber die englische Übersetzung eifrig studieren.
         Abfahrt kurz vor 11.  Wir passieren Detroit, dichter
Straßenverkehr.  Durch den Tunnel nach Kanada.  In Chatham besucht Ina
eine Klosterfrau.  6h in London, Brescia Hall.  Wir besuchen Mutter
Felicita.  Es ist ein Kloster der Ursulinerinnen, mit einem College für
Studentinnen. – Hotel London, fein.
        Nach Niagara Falls.  Im Air-Car über den Whirl-Pool.  Die Fälle
besehen.  Leider zu spät für den Tunnel, der unter die Fälle führt.  Im
Regen und später im Dunkeln nach Buffalo.  Hotel Lenox, North Str., feine
2 Zimmer mit Bad.
        Briefe. – 4h kommt Fritz Machlup aus Wien.  Jetzt Professor of
Economy hier, holt uns im Auto ab; zu sich.  Seine Frau ist einfach, lieb,
nicht intelektuell, fühlt sich nicht wohl in Amerika; 2 Kinder.  Sie haben
ein Häusschen, nett eingerichtet.  Er scheint sehr zu sparen, will erst in
2 Monaten neue Schreibmaschine kaufen (für $50).  6:30 mit Machlup zu
Prof. Farber zum Dinner.  Er hat bei Husserl in Freiburg gearbeitet, ist
aber jetzt nicht ganz mit ihm einverstanden, auch verschiedenes von mir
gelesen.  Dabei Prof. Boynton (?).  8 mein Vortrag “Unity”.  Nicht
viele Leute.  Ein wenig Diskussion.
        Wir fahren hinaus, frühstücken bei Machlups.  Heute und morgen
große Strecke zu fahren.  Nachmittags schneit es, der Wischer klebt immer,
schlecht und langsam zu fahren.  Daher kommen wir nur bis Bridgewater New
Hibbard’s Hotel.  Billige Zimmer, teueres Essen.
       Alles verschneit.  Wir müssen langsam fahren.  Im nassen Schnee
kommt der Wagen mal ins Querrutschen.  Wir kommen nicht bis Cambridge. 
Nach einiger Zeit dunkel fahren bin ich müde.  Wir stoppen in Waltham. 
Einfache Puristenzimmer.
         Nach Cambridge, ½Stunde, zu Quines.  Zu Brattle Inn.  2 Zimmer
mit Bad, im Nebenhaus, für $3.  Mit Quine zum Mittagessen.  – 4h mein
Vortrag “Unity”; Huntington, Bridgeman, Hocking sind da.  Ein wenig
Diskussion.  6h Dinner mit den Professoren, auch Quine dabei.  Dann
Diskussion am Tisch, mit Lewis, Hocking, Prall, über Positivismus und
Metaphysik, Sprache über Eigenpsychisches usw.  Die Diskussion ist ganz
gut; ich glaube, sie verstehen mich jetzt besser. – Quine sagt mir, daß
Prall dem Dept. vorgeschlagen hat, mich zu berufen.  Er hat ihm jetzt vom
Chicagoer Offer gesagt, und Prall hat es Hocking gesagt.  Für dieses Jahr
kommt aber wohl kaum mehr in Betracht; überhaupt scheinen nicht alle sehr
dafür zu sein.  Die Möglichkeit einer [floating?] Professorship, die
vielleicht im Herbst eingerichtet, bleibt offen; das wäre dann für 1937.
     Lunch bei Quines.  Nachmittags mit ihm über sein neues MS: Eine
Klassentheorie ohne Typenregel.  Meine Bedenken: 1) Ob vielleicht
semantische Antinomien konstruierbar, weil “wahr” ausdrückbar; 2) Ob
die Allsätze über Realitätszahlen sich nur auf die definierbaren
beziehen.  Die Form- und Umformungsbestimmungen sind noch nicht formuliert.
 Wir essen noch bei ihnen zu Abend.
      Briefe.  1-3 Lunch bei Hockings.  Sie ist rührend, hat uns schon
zweimal Blumen gebracht, geht einem aber auf die Nerven.  Huntington und
Bridgeman sind da (Lewis war verhindert).  Bei Tisch setzt Hocking seine
Auffassung auseinander: über Robot, Leben, Bewußtsein usw.  Ich sage
wenig dazu.  Bridgeman stellt vernünftige Fragen: ob der Robot mit
gleicher Atomkonstellation sich gleich verhalten würde wie ein Mensch,
usw. – 4h mit Quine in unserem Auto nach Marble Head.  Schon am Meer, auf
einer felsigen Halbinsel.  Quine möchte vom Juni ab hier eine Cottage
mieten, rät uns, im Sommer hierher zu ziehen.  Es wäre aber 50 Min.
Autofahrt!  Wir schlagen vor, etwas näheres zu suchen. – Zurück nach
Boston.  Zu Pironi; wir essen Muscheln, Hummer, usw.
      Gepackt.  ½12 ab zu Quines.  Dann durch Boston (zum ersten Mal
verfahren: Route 1 nicht gefunden).  2h in Norton, Wheaton College.  Ursula
Kaufmann, sie hat ein nettes Zimmer; große Gebäude, [unleserlich].  In
der Inn [sic] gegessen.  Im Wald spazieren.  Ursula möchte auf jeden Fall
in Amerika bleiben, studieren, Beruf ausüben, lieber als nach Deutschland.
 Ina schlägt ihr vor, bei uns in Chicago zu wohnen (!).  Nach dem Jahr in
Rollins, das aber noch nicht ganz gesichert ist, wird sie den B.A. machen. 
5h weiter gefahren.  Etwas im Dunkeln gefahren.  7h in Narraganset Pier. 
Die Hotels sind zu, nur im Sommer auf; Seebadeort.  2 einfache Zimmer in
einer [sic] Inn.  Ein alter Mann macht uns Abendessen.
   Zuweilen durch Städte (Providence, New Haven), zuweilen mit Regen. 
Zwischen 4 und 5 in New Rochelle.  Zu Brodwein.  Er kommt später aus dem
Geschäft.  Lilian ist in California, mit Bräder [?], Geld für
Anti-Faschisten sammeln.  Sie wollen dann zusammen nach Mexico.
   Wir fahren mit dem Auto über den Riverside Drive, 1 Stunde zu Nagels. 
Mit ihm zu Prof. Coss;  gemütlicher Herr, redet nichts Philosophisches. 
Er zeigt mir alle Gebäude.  4½ mein 1. Vortrag “Philosophy and Logical
Analysis”.  Nachher der alte Prof. Keyser, mit junger Frau; er erinnert
sich noch an meinen Besuch 1923; sehr freundlich.  Malisoff.  Brodwein
kommt und fährt uns hinaus.
   Mittags zu Nagels.  4:30 mein Vortrag “Mathematics and Empirical
Science”, frei gesprochen.  Mit Brodwein und Nagel im japanischen
Restaurant.
   Wir fahren ins Hotel King’s Crown, 420 W116th Str., New York, 2 nette
Einzelzimmer, mit Bad, inkl. Frühstück $5.  Ruhig.  Sehr preiswert (aber
Mahlzeiten ziemlich teuer). – 4:30 mein 3. Vortrag “Unity of
Science”.  Nachher Diskussion, geleitet von Nagel. – Nagels mit uns zu
Abend.
   Lunch mit Malisoff.  Er will mein MS “Testability” ganz in
Juli-Nummer bringen; die ist für Harvard Tercentary.  Ich soll die meisten
Formeln in Fußnoten oder Kleindruck bringen.  Er muß das MS bis 1. Juni
haben. – Nachmittags Philosophy Club, in Faculty Men’s Club.  5h Tee,
6h mein Vortrag “Mathematik und empirische Wissenschaft” (sie stimmen
beim Tee ab, und ziehen dies der “Unity” vor, weil einige das letztere
gehört haben, und andere es in Yale hören werden).  7h Diskussion, sehr
schlecht organisiert.  Gewöhnlich spricht jeder der Mitglieder kurz, und
erst zuletzt wieder der Vortragende.  Auf meine Bitte erlaubt man mir, auf
jede Bemerkung gleich zu antworten.  Jedes Mitglied darf 4 Min. sprechen
(!), dann ich kurz erwidern.  Eine Diskussion gibt es überhaupt nicht. 
Nur einige Mitglieder erlauben sich, dann nochmal was zu sagen.  Dewey,
Montague, Morris Cohen, Schneider, von Yale: Northrop, Urban, im ganzen 10
oder 12 Leute.  Cohen wird sehr aufgeregt, seine Hände zittern; meine
Ausführungen seien nicht nur falsch, sondern widersprechen sich, usw.  Ich
erwidere sachlich; werde nur schärfer, als er auf seinem Irrtum besteht,
daß die Anzahl endlicher Kombinationen von endlich vielen Symbolen endlich
ist.  8h Zimmer.  Ich erzähle von der Autoreise.  Montague erzählt die
Geschichte von der spiritistischen Studentin, und das Rätsel von den 3
Männern.  Im Ganzen ist der Club eine große Enttäuschung für mich.  Ich
habe nicht Zustimmung erwartet, aber wenigstens einiges Verständinis.  Die
Leute sind anscheinend zu alt dazu.
     Lunch mit Nagels, Hook, Schapiro. – 4-7 Diskussion in Nagels Gruppe,
dabei Hook, sonst meist Studenten.  Ich erkläre, was bei der Aufstellung
einer Sprachwissenschaft konventionell ist, und was empirisch abhängig;
Beispiel der Struktur des Reimes.  Lebhafte, verständnissvolle Diskussion.
 Dann über Ethik; die verschiedenen empiristischen ge[sehenen?]
Interpretationen, und andererseits die absoluten Normen, ohne
Erkenntnisgehalt. – Diese Diskussion ist sehr erfreulich, besonders im
Gegensatz zur gestrigen.  Nagel sagt, daß diese jungen Leute sehr wenig
Ermutigung im Studium dieser Probleme von den Professoren bekommen.
      Mittags mit Nagels bei Prof. Keyser.  Sehr freundlicher alter Herr. 
Er schlägt vor, daß ich meinen Vortrag dem “S[…] Matematica” gebe;
nachher könnte sie dann, wie sein Büchlein, [unleserlich] erscheinen.  Er
hat schon mit dem Herausgeber der Zeitschrift darüber gesprochen.  Ich
soll ihm jedenfalls darüber schreiben.  Die Zeitschrift bemühe sich, die
Isolation der Mathematik zu überwinden, sie enthält immer auch Aufsätze
für interessierte Laien. – 4h Mia Sasse kommt ins Hotel.  Wir machen
Spaziergang am Hudson entlang, dann zusammen Dinner im Hotel.  Sie arbeitet
im Lloyd, hat $160 monatlich.  Kann davon nichts sparen, hat mit 3
Freundinnen zusammen eine Wohnung.  Ihre Schwester Hanna unterrichtet in
Vassar Pok[…?].  Sie hat auch da studiert und fährt oft hin, kennt
Geiser gut.  Hanna ist für 2 Jahre in Deutschland.  Sie spricht wenig von
sich persönlich.  Sie ist gegen Hitler, beklagt sich aber doch, daß die
Juden in New York so viel Propaganda gegen Hitler “und gegen Deutschland
überhaupt” machen, und ihnen mehrmals die Fenster eingeworfen hätten.
– Mit Mia Dinner im Hotel.  Dann kommt Ina; zusammen auf unserem Zimmer
bis ½10.  Dann beschließen wir Mia im Auto nach Hause zu bringen.  Ich
fahre zum ersten Mal in die Unterstadt, und dazu im Dunkeln!  Es geht gut,
und sogar ohne besondere Aufregung.  Bis 11h. 
       Vormittags im Auto nach New Rochelle.  Zu Wertheimers.  Seine nette
lebhafte Frau, in Hose.  3 Kinder kommen aus der Schule.  Wir lunchen ein
wenig mit. – Dann in Brodweins Haus.  Abends mit ihm.
       Ich wollte eine Bahn nehmen, weil weniger anstrengend.  Da schlägt
Brodwein vor, mit mir zu kommen und nachts Auto [sic] zurückzufahren.  Ich
hole ihn um 2h bei Larchmont Station ab; zusammen in unserem Auto nach New
Haven-Yale, an 5h.  Zu Northrops Office, dann zusammen zu seinem Haus.  Er
wollte mich für die Nacht da behalten, sogar mit Ina.  6:30 in der
Universität zu Dinner mit Professoren: Physiker Mardani [?], Psychologe
Hull, Philosoph Urban und andere.  Hull sagt, ich solle gelegentlich wieder
kommen, er möchte gerne mit mir sprechen über empiristische Methoden der
Psychologie.  8h mein Vortrag “Unity of Sc.” im Philosophie Club,
Vorsitzender Champion Ward, ein Graduate Student.  9-11 lebhafte
Diskussion; aber zu lang.  Ich bin sehr müde.  Brodwein fährt den ganzen
Weg zurück, in zunehmenden Tempo.  1h in N. Rochelle.
      Gepackt. Im Auto ab 12h.  Lunch mit Edith Nagel; bei ihr ausgeruht. 
Dann weiter, durch Holland Tunnel, schöne Straße nach Princeton, 5h. Zu
Irving in den Turm.  Mit ihm zum Hotel Nassau Inn (1 Vorderzimmer mit
Balkon $2; die Hinterzimmer mit Bad $2.50). – Irving und Spaulding holen
uns ab; 8h mein Vortrag “Philosophy and Logical Analysis” (in der
geänderten Fassung, mit “Unity”, gekürzt, als Haupteil).  Ich sitze
am Tisch und lese ab; dazu (sehr wenig) an die Wandtafel geschrieben.  Dann
lebhafte Diskussion.  Dabei Weyl (ich spreche ihn zum ersten Mal!).  Scoon,
freundlicher weißhaariger Mann (seine Frau ist plötzlich operiert
worden).  Bernays, spricht schreckliches Englisch, und nicht sehr klar; die
Studenten applaudieren ihm, weil es ihnen Spass macht. Bähr und Frau.
       Wir etwas spazieren.  Mittags wir zusammen Lunch mit Scoon in der
[sic] Peacock Inn.  Dann in seinen Office Besprechung mit ihm, Spaulding
und Stace über das Offer.  Ich gebe die Bedingungen von Chic. an.  Er will
den Präsidenten fragen wegen permanent, Gehalt, Stunden; meint, es wird
nicht unter 8 Stunden gehen.  Er erklärt meinen Lehrplan. Ich äußere
Bedenken wegen der 5 Stunden Diskussion über Plato. – Im Hotel etwas
ausgeruht. – ½ 5 mit Ina und Scoon in die Fine Hall. Tee.  Frau Weyl,
Ladenburg, Neumann.  5-6 mein Vortrag “Mathematics and Empirical Sc.”,
veranstaltet vom philosophischen und mathematischen Department, geleitet
von Dean Eisenhart.  Anwesend noch: Bernays, Neumann; Weyl kommt erst ganz
spät. – 6h Dinner in der Graduate School; ich trage schwarzen Gown;
feierlicher Kirchensaal, aber zum Glück hell erleuchtet. Prof. Green, der
Freund von McKeon (er wollte früher diesen nach Princeton bringen),
diskutiert mit mir über Wert der Geschichte der Philosophie für die
Ausbildung der Studenten.  Ich sage: wichtiger das Systematische zuerst;
und zur Charakterisierung der Denkweise besser Geschichte der Wissenschaft.
 – Im Gastzimmer des Turms eine ½ Stunde geruht. Dann in der Graduate
School Diskussion 8-10.  Einstein (ich spreche ihn zum erstenmal)
diskutiert eifrig mit, aber in sehr schlechtem Englisch.  Über Mach und
die Unterschiede unserer Auffassung von ihm.  Ich erkläre meine Auffassung
über Hypothesen, gegen Induktionsprinzip (erwähne frühere Diskussion mit
Bernays in Paris); hier stimmen wir ganz überein.  Auch, daß es für die
Nachprüfung der Physik genügt, auf Denksprache zurückzugehen anstatt auf
Phänomene oder Sinnesdaten. Er vertritt energisch die Auffassung, daß
zwischen Dingen und Sinnesdaten eine Kluft ist, die logisch nicht
vollständig überbrückt werden kann (es ist nicht ganz klar). Auch
Studenten diskutieren heute eifrig mit. Scoon fragt, ob wir nicht Ontologie
machen.
     Wir gehen zum Lunch zu Bährs.  Sie wohnen in einer netten, hellen
Wohnung. 6-jähriger Sohn Klaus.  Er ist für 2 Jahre im Institut, möchte
dann in Amerika bleiben, war 2 Jahre in Manchester, hat Dauervisum.  Er
sagt, für einen Mathematiker ist Princeton jetzt der ideale Platz in der
Welt.  Ich bezweifle, ob auch für einen Logiker. Er gibt zu, das bei den
Mathematikern jetzt eine gewisse “Grundlagenmüdigkeit” herrscht, wie
in Griechenland nach der Zeit von Zeno.  Dabei ist der Mathematiker
Kuratowski aus Warschau, der für einige Zeit im Institut war und Tarski
kennt.  Bähr sagt, dass im Institut keine Lehrverpflichtung besteht, aber
die meisten einen Kurs oder Seminar abhalten.  Guter Kontakt gegenseitig:
Sie besuchen gegenseitig die Kurse, treffen sich jeden Tag nachmittags beim
Instituts-Tee kurz, suchen sich auf, wenn sie eine Frage haben, weil für
jede Frage ein kompetenter Mann da ist.  Die offizielle Zeit ist nur
Okt-April!  Weyl usw. bekommen sehr hohe Gehälter (15 T.$); er selbst nur
1500 $ für das Jahr. – Im Hotel Brief von Scoon: Die Bedingungen können
nicht verbessert werden; er gratuliert zu Chic.  4h kommt Irving; er sagt,
daß Scoon trotz der Meinungsverschiedenheiten, es für richtig hält, dem
Positivismus einen Platz hier zu geben, und sich ernstlich bemühmt habe,
mich herzubringen.  Spaulding habe auch Kritik und Einwände gegen den
vielen Plato-Unterricht; er werde meine Einwände künftig zitieren, man
habe schon oft überlegt, den Plan zu ändern, aber sich nicht einigen
können.  Mit Ina und ihm spazieren, zum See. Er unterstützt die
sozialistische Partei; die Kommunisten haben keineAussicht hier; er
bedauert deshalb, daß Bromberg ihr seine ganze Zeit widmet. Wir sprachen
über andere Kanditaten für die Professur.  Nagel, Feigl, (und Tarski)
kommen nicht in Betracht, weil Scoon (nicht von sich aus, sondern wegen der
Fakultät) keine Juden herberufen würde; daher auch Bedenken gegen
Reichenbach.  Quine hat früher abgelehnt. Ich rühme Hempel sehr. Er lädt
uns zum Dinner in die [sic] Princeton Orange Inn ein.  Wir fahren alle im
Auto zur Graduate School; ich nehme das schöne Gästezimmer dort, weil es
im Hotel so laut war.  Ina bleibt im Hotel, geht zu Fuß dorthin zurück. 
Geräumiges schönes Zimmer oben im Turm, mit Bad. – Endlich ein ruhiger
alleiniger Abend.  Die Tage in Yale und Princeton haben mich sehr
angestrengt.
      Vormittags wir mit Irving auf den Turm, und in den Dix [?] Garten.
Dann mit Irving ans Institut, zu Church.  Er war in meinem Vortrag, hat
auch mal eine Frage gestellt, ist aber sehr zurückhaltend und hat sich nur
vorgestellt.  Ich frage, ob seine Methode nicht ähnlich der von
Chawilek[?] und Levi ist. Er meint: Nein; aber sein System erlaubt, die
Nummerierung der Ausdrücke auszudrücken (?). Mit Irving zu Neumann. 
Über unentscheidbare Sätze; und daß jeder Satz entweder analytisch oder
konstru[… ?] ist; er bezweifle, dass man noch eine Zweiteilung machen
kann. Mit ihm und Ina zu seinem Haus; Landhaus im Englischen Sil, weite
Räume.  Kleines Kind (1 Jahr), alte Nurse, Negerdiener.  Lunch.  Dann im
Garten spazieren.  Über Frank: Er sei als solider Mathematiker bekannt,
aber nicht erstklassig, habe früher Gutes geleistet, in den letzten Jahren
keine originalle Arbeiten; aber bekannt durch Handbuch. Schwierig, ihn nach
Amerika zu bringen. Über Tarski: Rockefeller gibt jetzt kaum mehr was für
die Mathematik, vielleicht könnte er als Logiker kommen.  Er will sehen,
vielleicht mal ans Institut (das sagt er so nebenbei, wohl kaum ernst
gemeint).  Er hat mit dem jungen Birkhoff ein Sprachsystem für
Quantentheorie ausgearbeitet, wird bald veröffentlicht: der Satzkalkül
ist geändert [?], das Distributivgesetz wird aufgegeben; auf meine Frage:
die Satzverknüpfung wird keine Wahrheitsfunktion; aber er meint, dies sei
die Sprache mit der geringsten möglichen Änderung.  Die Folgebestimmungen
sind definitiv; die Hauptänderungen sind in den Umformungesbestimmungen. 
Der neue Satzkalkül entspricht der projektiven Geometrie. – Seine Frau
ist sehr verwöhnt und anspruchsvoll; auch er persönlich nicht sehr
sympathisch.  5h ins Institut; Einstein hat die Verabredung vergessen, er
glaubte, es sei heute erst Freitag.  Ich rufe die Wohnung an, Frau Einstein
sagt, wir sollen zum Tee kommen.  Dort auch Professer Lipschitz aus Berlin,
jetzt New York, er Arzt, nicht sympathisch, geht nach dem Tee weg. Mit
Einstein im Garten spazieren, dann oben in seinem Zimmer. Über Mach, seine
Bedeutung und Fehler.  Einstein sagt, daß er, in der Relativitätstheorie
sehr von Mach beeinflußt war, und auch Hume daher gelesen hatte.  Ich
frage nach seinen Einwänden gegen Wiener Kreis, er lehnt ab, es seien
eigentlich keine Einwände da, er habe nur den Eindruck gehabt, wir wollten
die Gesetze aus den Beobachtungssätzen ableiten. Das war richtiger
Eindruck für die erste Zeit in Wien, von Mach beeinflußt, aber jetzt
nicht mehr. Ich frage ihn, ob er nicht zu tolerant gegenüber Metaphysik
ist, wenn er nur sagt, er versteht sie nicht, und nur gradueller
Unterschied zu physikalischen Theorien.  Er sagt: das Letztere ist nicht
ganz ernst gemeint; es ist nur, um den nicht-induktiven Charakter der
physikalischen Theorien zu betonen. – Auch über Realitätssystem. –
Über metaphysische Bedürfnisse; Ehrfurcht und religiöse Gefühle.  Ich
sage, daß dies alles berechtigt, und in Kunst ausdrückbar, aber schlecht
in Pseudotheorien. – Ina spricht mit Frau Einstein.  Sie sagt, er habe
sich auf meinen Besuch gefreut, weil menschlich guter Eindruck (nur von der
Diskussion vorgestern!): bescheiden und so.  Er habe kaum persönlichen
Kontakt mit den Leuten im Institut, habe keine Assistenten mehr, man
schätze ihn hier nicht hoch, auch weil Snob[?] (!).  Er unterstützt
allerhand arme Verwandte, die er hat nach New York kommen lassen.  Er
überlegt, ob er nicht wieder in die Technik zurückgehen solle (!).  Sie
sagt zu Ina, ob wir nicht doch Princeton annehmen wollten, er würde sich
freuen, persönlich erfreulichen Kontakt zu haben!  ½ 6 - ½ 8 (!) –
Wieder in das Gastzimmer im Turm der Graduate School.
      1 Stunde mit Irving über einen MS Entwurf, Erwiderung auf Northrop;
es ist im Ganzen vernünftig aber nicht sehr klar und exakt.  Mit ihm im
Hotel Frühstück.  Abfahrt.  1h New York, Lunch mit Nagels; ausgeruht. 
Nachmittags bei ihm.  Mit Nagel über logische Fragen: Toleranzprinzip;
Typentheorie; Widerspruchsfreiheitsbeweise nach Matrixmethode usw.  Mit ihm
zum Dinner.  ½ 8 Abfahrt, ½ 9 New Rochelle, zuletzt im Dunkeln.  Bei
Brodwein.  Er fährt Ende der Woche nach Mexico.
      Ab 11h; ½ 7 in Providence, Hotel New Crown, teuer.  
      Ab 11h.  11¾ Norton.  Mit Ursula Lunch.  Dann in den Wald gefahren
und auf einer Decke gelegen.  Wir erzählen von Einstein.  Rätsel und
sowas.  Über Alberfelder [?] Konto.  Sie reist mit Europa 21. Juni ab. 
Kommt Ende Sept. wieder.  5h ab, ½ 7 Cambridge, Bratl […?] Inn; eine
Wohnung Parterre im 3. Haus.  Nach dem Essen fahren wir zu Quines.  Später
kommen Goodman und Leonard.  Rätsel und dergleichen.  Im Dunkeln
zurückgefahren. – (Nachts stören wir schnarchenden Nachbarn). 
       Geschrieben. – Nachmittags mit Quine zu Dr. Yeats, Zahnarzt vom
Hygiene Institut.  Er sagt, daß das Röntgenbild meiner Zähne keinen
schlechten Zustand aufzeigt; er selbst hält das Nervtöten nicht für
schlecht und tut es selbst; ich soll von Zeit zu Zeit wieder
Röntgenaufnahmen machen lassen; wichtig ist, ob die Symptome fortschreiten
oder nicht. – Mit Quines (und dem Baby) im Auto nach Arlington, auf den
höchsten Hügel der Umgebung von Cambridge.  Schöne Lage, aber keine
geeignete Wohnung für den Sommer zu finden.
      Geschrieben.  Mittags mit Quine. – Nachmittags mit Quine nach
Boston, zu Dr. Cahill, der beste Mann für Kehle, Ohren, usw.  Er
untersucht die Mandeln; sie sind bedeckt mit etwas (?); er meint,
augenblicklich nicht rausnehmen, sondern nur, wenn Rheumatismus oder
Halsschmerzen kommen; dann neue Untersuchung nötig; die augenblicklichen
Kreuzschmerzen vielleicht nur vorrübergehende Erkältung; erst 1 oder 2
Wochen abwarten; wenn die Schmerzen nicht verschwinden,
Rheumatismusverdacht; dann Mandeln operieren.  Wegen der früheren
Lungengeschichte solle man jetzt vorsichtig sein mit Operationen, wegen
Äther; ich frage: lokale Anästhesie; er: ja, geht aber schwerer.
      Korrektur Syntax.  Korrektur Pariser Vorträge gelesen. – Wir
ziehen in die obere Wohnung; kleiner, aber ruhiger.
      Korrektur Syntax. – Nachmittags zu Quine; da Goodman und Leonard
über deren System; “realistisch” im Gegensatz zum
“nominalistischen” Aufbau, [unleserlich] eine Qualität eines Dinges
ist ein Teil von ihm. – Abends wir bei Quines.
     Quines “Vortrag über Carnap” gelesen. – Mittags mit Quine im
“Adams House” gegessen, wo er seine Mahlzeiten hat.  Zu Quine. 
Ausgeruht.  Mit ihm über Listverzeichnis zur Syntax.  Und über seine
Vorträge und seinen Aufsatz “Konventionelle Charakter der Mathematik”.
 Unterschied zwischen Logik und deskriptiven Zeichen.
    Mittags Dental Klinik, Dr. Yeats.  Er hat mit den Kollegen über das
Röntgenbild meiner Zähne gesprochen.  Sie meinen auch, daß gegenwärtig
nichts notwendig ist.  Nur 1 ist besonders verdächtig (er markiert ihn);
wenn ich wieder Rheumatismus kriege und sonst keine Ursache zu finden,
solle dieser gezogen werden.  Ferner soll ich im August oder Sept. wieder
zu ihm kommen, und nochmal Röntgenaufnahmen machen; es ist wichtig, die
zeitliche Änderung zu beobachten.  Er meint, daß die Leute in Chic.
“hasty” [?] gearbeitet haben; Mandeln könne man noch eher entbehren;
aber nicht Zähne, man werde ein “Zahnkrüppel”; man solle die Zähne
so lange as möglich erhalten.  Auch jetzt keine Krone unternehmen, solange
keine besonderen Schmerzen oder Rheumatismus oder sonstige Symptome
auftreten. – 6:30 Dinner in der Society of Fellows.  Ich sitze bei
Henderson und Birkhoff.  Birkhoff bezweifelt den Wert der Logik für die
Mathematiker, aber Henderson hilft mir und Quine, ihn zu verteidigen. 
Lange mit Birkhoff und seinem Sohn und Quine über die Art logischer
Probleme; er meint, sie seien subjektiv oder willkürlich.  Mit Henderson
und Skinner über Behaviorism.  Skinner will die alten Theoreme
“Denken” usw. ausschalten, Henderson möchte sie behalten; ich
versuche, die Vorteile und Nachteil zu klären.
      Nachmittags Quine und Mac Lane hier.  Junger, begabter Mann,
diskutiert klar.  Über Verhältnis von Objektsprache und Syntaxsprache; ob
nicht immer die letzte Sprache verstanden und daher nicht-formalisiert sein
müsste; ich versuche, das zu unterscheiden.  Er war einige Jahre in
Göttingen, ist daher etwas von Bernays beeinflußt, kritisiert aber auch
die Unbeständigkeit im Begriff “Fi..[?]”.  Er fordert mich im Auftrage
von Prof. Curry auf, am 1. Sept. hier einen allgemeinen Vortrag (40 Min.)
zu halten, für die Versammlung der neuen Association for Symbolic Logic. 
Ich sage zu.  Es soll kein neuer Beitrag sein, sondern Übersicht; kann
technisch sein; Quine meint: Vielleicht über Unterscheidung zwischen
“analytisch” und “beweisbar” usw.  – 8h wir mit Quine zu
Whiteheads.  Frau Birkhoff, später auch Birkhoff.  Diesmal ziemlich
langweilig.  Ina ist entsetzt über die alten, leblosen Leute.  Frau
Birkhoff ist zwar lebhaft, aber konventionell und markiert heiteres
Interesse an allem.  Birkhoff selbst ist konventionell und eng.  Whitehead
alt und weise, den anderen sehr überlegen; schwer zu verstehen.  Man macht
allerhand Vorschläge für unsere Wohnung im Sommer.
      Frau Quine fährt mit dem Auto gegen Baum (mit Ina).  Sie ist sehr
bestürzt und will sogar bezahlen.  Wir versuchen, sie zu trösten.  –
Lit. Verzeichnis für Syntax fertig gemacht.  Vorwort für englische
Ausgabe geschrieben.  – Abends vergeblich zu Quines, sie sind nicht zu
Hause.
      Briefe. – 5 Quine hier.  6h – 8½ mit ihm zu einem Dinner für
Kuratowski, der hier Vortrag über Sch…[?] mengen gehalten hat; Einladung
von Birkhoff jr.  Mathematiker und Logiker: Mac Lane, Rosser, Ulam (Pole). 
Birkhoff behauptet, er habe früher schon das Problem der Anzahl der
Realstrukturen, und der Anzahl der Transitive [?] usw. Für n-Elemente
ausführlich untersucht, aber keine allg. Lösung gefunden, höchstens
Regeln für n+1.  Kuratowski erzählt von Bernays Vorlesung, über AS der
Mengenlehre ohne Typen.
      Syntax II, Korrekturen fertig gemacht; Bibliographie.
       Mittags kommt Quine in Eile auf dem Rad, um mir bei der Bank zu
helfen.  Wir mit ihm im Adams House gegessen. – Nachmittags kommt Ursula,
sie hat in einem Frauenclub einen Vortrag über Frauenarbeit in Deutschland
gehalten.  Mit ihr das Haus von Hendersons in Francis Ave. (von Machlup
empfohlen) besichtigt.  Aber es ist nicht so schön wie das von Smith. 
Daher beschließen wir, das letztere zu nehmen.  Mit Ursula zu Quines.  Ein
letztes kurzes wissenschaftliches Gespräch mit Quine; während dieser
ganzen Tage sind wir nicht viel zu Gesprächen gekommen.  Letzter [?] Abend
mit Ursula; sie bleibt in [Brattley ?] Inn.  Sie will im Sept. zu den
Ceremonies kommen und bei uns wohnen.
      11 Uhr im Auto von Cambridge, mit Ursula.  Wir bringen sie nach
Norton; sie hat für das Exam viel Arbeit.  Lunch mit ihr dort, wir fahren
weiter, über Providence nach Winsted, 6h.  Mürrischer Hotelwirt.  Nach 7
kein Essen mehr!  Schnelle Sandwiches und ins Kino; “Desire” mit
Marlene Dietrich; und ein wilder Wild West Film. 
      Ab 10h.  Bei Kingston über den Hudson, auf Fähre.  Nach Woodstock,
zu Byrdcliffe Estate; Brodwein hat einen Sommer dort in einem Cottage
gewohnt.  Schöne Stelle hoch im Wald gelegen.  Heiß, viele Moskitos.  Wir
besehen 2 Cottages; 1 sehr primitiv, 1 größer und nett, elektrisches
Licht, Kochherd mit Warmwasserversorgung.  Die kleine $125, das große 250
für die ganze Saison.  Wir sprechen den Eigentümer [?] Whitery [?] und
den Verwalter Edwards.  Sie wollen aber nichts für 1 Woche vermieten. 
Weiter in die Catskills.  – Big Indian von der Hauptstraße ab nach
Oliverea, im Mountain Club nehmen sie nur Mitglieder (Arier!), weiter zum
Norweger Haaland.  Wir sind die einzigen Gäste im großen Haus.  Zimmer
mit fließendem Wasser auf der Rückseite des Hauses.  Das Auto direkt vor
dem Zimmer.  Das Wasser wird für uns angestellt, der Alte bemüht sich
sehr, uns dazubehalten.
Di 12  Vormittags in den Wald hinauf spazieren. Sehr warm, wir sind froh,
aus der Stadt heraus zu sein. – Nachmittags am Bach. – Abends  das Tal
hinab, zum Haus von Andrews, auch nur für Arier; feiner als Holland, $20
für die Woche.

Mi 13  Regen.  Englische Syntax.  Nachmittags Hagelgewitter, es wird sehr
kalt.

Do 14  Mit Holland zum neugeborenen Kalb; es ist in der Nacht ohne Hilfe
draußen im Kalten geboren, und kann jetzt schon munter laufen! –
Englische Syntax. – Nachmittags in das Seitental, immer über den Bach
geturnt. – Holland macht den ganzen Tag Feuer im Kamin im Wohnzimmer
oben.

Fr 15  Den ganzen Tag Ausflug: im Auto 4 m zum Winnisook Lake, dann zu Fuß
1½ oder 2 Stunden hinauf zum Gipfel des Slide Mt. (4200 ft.),
Aussichtsturm.  Aussicht über die ganzen Catskills, lauter bewaldete
Berge.  Im Wald gelesen, Sonnenbad, gelesen.  Steil hinunter.  2
Stachelschweine (Porkupine) gesehen.

Sa 16  Auf den Hügel. – Viele Wissenschaftler [?] gekommen: 2
Forscherleute, Hollands Tochter und Schwiegersohn (Dean) und 3 Freunde,
Deutsche, die zusammen in NY arbeiten.  Die 3 sind Kommunisten, arbeiten
als Techniker, einer hat ein Auto, singen viel und machen Spaß.  Der
Dunkle (Jude?) ist 1933 aus Deutschland weg, möchte wieder dorthin, tätig
sein.  Er spielt in NY in einer deutschen Spielgruppe, Stücke von Brecht
usw. – Wir fahren zur Post hinunter. – Einer der 3 probiert unser Auto,
weil das Gas Geräusch macht; er meint, es ist nichts. – Abends kalt. 
Oben Feuer im Kamin.  Alle beisammen, singen usw.  Wir ½ 11 zu Bett.  Die
anderen noch bis ½ 2.
So 17  Mit den 5 jungen Leuten zum Wasserfall, und am Bach entlang
hinunter.  ½ 3 ab.  Sehr warm.  7h (Ortszeit 6h) in Binghampton, NY. 
Hotel Carlton ([unleserlich] Hotel, wie King’s [?] Club in NY); jeder ein
Zimmer mit Toilette und schöner Shower, $2; Garage $0.50.
Mo 18  Einkäufe (Schuhe usw.).   12-2 nach Ithaca NY, Cornell University. 
Wir wohnen in Willard Straight Hall, 2 nette kleine Zimmer mit Bad dazu. 
Nachmittags kommt Prof. Sabine und Frau, Prof. Cunningham und Frau, Prof.
Birk und Frau, und andere.  Birk war Lehrer von Morris, und von Weinberg;
er schwatzt Ina allerhand vor über meine Berühmtheit usw., macht aber
sonst einen intelligenten und netten Eindruck.  Nachher Besichtigung einer
Ausstellung von Bildern von Künstlern aus Ithaca.  8 ½ mein Vortrag
“Unity”.  Nachher Diskussion; man weiß anscheinend meist nicht viel
von diesen Dingen [?]; aber einige Studenten scheinen sehr interessiert,
diskutieren nachher noch privat.

Di 19  In Ithaca zur Bank, und zum Autoclub.  12h ab.  7h abends Mountain
Spring Hotel, schön gelegen am Susquahanna; wir fahren lange Zeit am Ufer
dieses schönen Stromes entlang nach Süden zu.  Erst im letzten Moment in
Ithaca haben wir uns entschlossen, nach Süden zu fahren und nicht in die
Adirondacks; weil Regen und kalt. – Einfaches Hotel, pro Person $1.50.

Mi 20  Über Harrisburg nach Front Royal, Va.  Jetzt sind wir in den
Südstaaten, im historischen Virginia!  Hotel Afton [?], einfach.

Do 21  10h ab auf die Shenandoah Berge, der erste Teil.  Neue Bergstrecke
ist noch nicht fertig, mit lockerem Schotter, 31 m., 2½ Stunden!  Lunch im
Panorama Hotel, klein [?], am Eingang der Hauptstrecke; sie haben nette
Zimmer, aber zu nah vom Restaurantraum.  Dann schöne Hauptstrecke des
Skyline Drive; Blick ins Shenadoah Tal, und zuweilen auf die andere Seite
hinunter.  Waldige Berge, nur zuweilen kucken Felsen heraus.  Rote Azaleen
blühen.  1½ Skyland, etwas abseits der Hauptstraße.  Viele Cottages;
Essen im Hauptgebäude.  Wir wählen eine Hütte mit Wohnzimmer und 2
Schlafzimmern und Bad; elektrisches Licht, fließendes kaltes und warmes
Wasser.  Das Heißwasser ist vom Kaminfeuer im Wohnzimmer geheizt.  Hinter
dem Haus eine porch, schöne Sonnenveranda. – Nachmittags über Felsen
hinauf zum Gipfel.  Stony Man Cliffs.  – Der jüngere Bruder des Managers
hat uns die Hütte gezeigt: Simonpietri [?], hat in Rom in Psychologie
einen Dr. gemacht, dann in Paris internationales Recht studiert, und einige
Zeit in Wien, stammt von Korsika. – Bei Tag strahlende Sonne, warm;
abends kalt; lustiges Kaminfeuer.  Schöner Blick hinaus, die Lichter im
Tal, klarer Sternenhimmel.
Fr 22  Spazieren. – Korrektur englische Syntax. – Sonnenbad. 
Sa 23  Mittags kommen Sterner und Frau in unser Cottage.  Wir flüchten den
ganzen Nachmittag in den Wald.  Abends mit ihnen am Kamin.  Er war
Borsch…[?], kam zufällig nach Amerika, ist internationaler Ökonom,
arbeitete als Statistiker in einer Kinder-Hilfsorganisation, jetzt in der
Regierung in Washington, für statistische Erhebungen über wirtschaftliche
Lage, Lebenskünstler usw.  Die Frau ist sehr still; sie schreibt Gedichte;
hat früher Bücher in “In….[?]” rezensiert.  Sie kampieren oft im
Zelt.
So 24  Mit Sterners im Auto über den Skyline Drive und hinunter nach
Luray, und zurück.  Nachmittags arbeite ich MS “Testability” im
Schatten neben dem Haus.  Sterners bitten uns sehr, sie in Washington
aufzusuchen.  – Abends im Mondschein spazieren; unten die Lichter von
Luray im Tal.
Mo 25  MS Testability – nachmittags plötzlich starker Wind, Regen und
Hagel.  Es tropft durch die Dachlöcher, Ina stellt Vase unter.
Di 26  Kühl, regnerisch. – MS und Briefe. 
Mi 27  Urlaubsgesuch nach Prag geschrieben; noch nicht Entlassung, um noch
Neurath als Supplement (?) vorschlagen zu können.  Dazu Dubislav.  Brief
von Morris: McKeon behauptet, sein Offer wäre nicht permanent gewesen!
Do 28  MS und Briefe.  Wir müssen morgen uas der Hütte “Applecore”
[?].  Außderdem sehr kalt.  Wir überlegen, ob wir weiter fahren wollen,
in die Smokey Mountains.
Fr 29  Wir ziehen um in die Hütte “Gray Cone”, netter, hellere Räume,
aber Porch nach Norden hat nur Sonne am späten Nachmittag.  Wir wollen nun
bleiben, mindestens bis MS fertig ist.  Die Hütte liegt am Fahrweg; Blick
vom der Porch auf den Stony Man und auf andere Berge.  Ich schreibe an
einem Tisch, den wir draußen zwischen den Büschen aufstellen.  Ina
richtet die Hütte nett her. 
Sa 30  Im Freien gesonnen, am MS gearbeitet. – Dekorations-Tag; viele
Gäste hier, großer Trubel.  
So 31o  MS gearbeitet.
Mo I. VI   An Malsoff geschrieben: kann MS jetzt in Physik machen.
Dio 2  Korrektur Syntax. – MS Frank gelesen.
Mi 3          ″            .
Do 4  Korrektur Buchanan [?]. – Nachmittags im Auto zum White Oak Canyon.
 Da 4 Kinder unterwegs mitgenommen; sie wohnen irgendwo im Wald, der Vater
macht Körbe, zuletzt betteln sie um Geld.  Schöner Wasserfall,
Felswände.  Da der steile Weg schlüpfrig ist, gelingt es trotz aller
Versuche nicht, wieder hinaufzukommen.  Es wird uns ungemütlich.  Wir
fahren über die kleine Holzbrücke und den Weg auf der anderen Seite, und
kommen zum Drive hinauf.
Fr 5 Ina  Briefe.
Sa 6          ″   .
So 7  Fauler Tag.  Zeitschrift gelesen.
Mo 8  Brief an McKeon.
Di 9  Briefe.
Mi 10  Arbeit am MS Testability wieder aufgenommen. – Morris schickt die
Korrekturen zu Präsident und Smith. – Aus Prag kommt Ernennung [?].
Do 11  Fleißig am MS Testability, meist auf unserer Porch.
Fr 12  
Sa 13  Wir lernen Leute kennen: Mr. Oldenburg aus Danzig, 10 Jahre in NY,
aber mit schrecklicher Aussprache, will gerne mit uns allen Deutsch
sprechen; schizo [?] und eigensinning; seine Frau, katholisch, sehr zornig
auf die Neger, die alle Verbrecher seien, zyklo [?]; deren Schwester, mit
schweigsamen Mann.  Oldenburg hat Installationsgeschäft in NY.  Wir geben
den Plan der Smoky Mountains auf, weil die Zeit zu kurz geworden ist, und
Erholung wichtiger als viel sehen.

So 21  Das neue MS Testability ist fertig.  Viel länger geworden, aber
auch besser.  
Mo 22  Endlich mal richtiger Ferientag.  Vormittags spazieren,
Passamaquoddy.  Nachmittags im Auto den Drive südwärts (weil wir später
nach Norden abreisen werden).  

Di 23  An McKeon geschrieben: Annahme des 3 Jahr-Angebotes.

Mi 24  Einleitung zu MS Testability neu geschrieben.

Do 25  Vormittags auf Hawksbill (4049 ft.) höchster Berg in Kette.

Fr 26  MS Testability durchgesehen.

Sa 27  Vortragsabstrakt für 1. Sektion geschrieben. – Auf den Stony
Man.

So 28  11h Abfahrt von Skyland.  Sehr heiß.  Über Panorama, Sperryville,
Washington.  Vor dem Kapitol auf dem Rasen gelegen und ausgeruht.  Weiter
nach Baltimore.  Zuerst Cloos; bei ihm Rosental, ein deutscher Student,
Physiker, will später wiederkommen un in [unleserlich] Expert-Arbeit
machen; Miss Pabst, Bibliothekarin, schweigsam, um ihretwillen sprechen wir
Englisch.  Das Haus ist weit draußen, aber dicht an der Elektrischen. 
Ernst Frau und Kinder sind in Deutschland.  Er lädt uns ein, bei ihm zu
übernachten.  Leider zu sehr Lärm von der Straße.  Ernst ist sehr
kritisch gegen die Nazi.  Gibt dem Studenten das braune [?] Buch usw.; will
aber doch einige Sachen, die sie gut gemacht hätten, anerkennen.

Mo 29  10h Abfahrt.  Über Camden (bei Philadelphia) – Holland Tunnel
nach New York; wieder ins Kings Club Hotel, 116 Stock.  Abends zu Nagels. 
Er hat den Zeitungsausschnitt von Schlicks Ermordung (wir hatten nur die
unklare Andeutung in dem Brief von Frau Hertz).  Ich erzähle von der
McKeon Geschichte.  Er sagt, daß McKeon hier im März einem Freund gesagt
hat, er möchte mich nicht nach Ch bekommen, ich würde das Department
beherrschen.
Di 30  Frau Hertz kommt ins Hotel.  Sie hat Kindertransport aus Deutschland
gebracht, muß bald wieder zurück, möchte aber im Herbst herkommen, für
soziale Arbeit; ihr jüngster Sohn kommt hier zu einem Onkel in die Bank.
– Mit Nagels in die Radio City; Studiotour: interessant, die
Überwachungsschalttische. – 6h zu Nagels.  Ich rede ihm zu,
systematische Arbeiten zu machen anstatt der geplanten [Rastur?]; Ina lädt
ihn ein, in Cambridge bei uns zu wohnen.
Mi I. VII Ina  Mit dem Auto in die Stadt.  12-2½ mit Brodwins Lunch; in
Lilians Office (Anti-Nazi Komitee). – Nachmittags 1 Stunde zu Nagels; er
will nach Cambridge kommen. – Nach New Rochelle.  Brodwins kommen erst
nach 8h.  Brodwins Vater.  Gegen 10h kommt noch Besuch: ein Publicity-Man,
der uns vieles erklärt über Politik, und seine Frau (war mit Brodwins in
Mexiko).  Es wird wieder sehr spät.
Do 2  Lilian bleibt vom Office weg; Ina besucht sie am Bett.  Der Aufbruch
wird spät, 11:30.  Über Providence (diesmal über die bessere Straße
IA).  Cabins besichtigt an einem See.  Schließlich um 8¾ beschließen
wir, doch noch nach Cambridge zu fahren.  Auf der glänzenden Straße I
fahre ich lange (vielleicht eine ¼ Stunde) mit ca. 53 m/h.  Es wird
dunkel.  Cambridge 9:30.  Goheens sind nicht zuhause!  Wir müssen in die
Br[?] Inn.  (Ich habe in Brodwins Garten Inas Handtasche stehen lassen; und
da sind alle unsere Kofferschlüssel drin; wir rufen Carry an).
Fr 3  In Smith Haus, 7 Francis Ave.  Goheens helfen uns mit den Koffern. 
Gekramt.
Sa 4  Unabhängigkeitstag  Gekramt. – Korrektur Syntax.
So 5  Sonderdrucke geordnet. – Vorlesungen vorbereitet.
Mo 6  1. Vorlesung, nur Vorbemerkungen.
1h Lunch aller Lehrer.  Mit Prall; er sagt, er ist meinetwegen
hiergeblieben, und hat Kurse übernommen. – 7-8 Kino im geographischen
Institut: “Walzerkrieg” (Lauer-Strauß).
Di 7  Erste reguläre Vorlesungen.  Gut besucht. – Nachmittags und Abends
Quine hier.
Mi 8  Abends Konzert der Sommerschule: Klavier Trio und Klavier Quartett
von Brahms.  Seit vielen Jahren zum ersten Mal ein Konzert!
Schrecklich heiß.
Do 9  
Fr 10
Sa 11  MS Testability durchgearbeitet.
So 12    ″     ; Ina fängt an, die neue, längere Fassung ganz neu zu
tippen.
Mo 13  Korrektur Syntax. – Abends wir mit Quine zu Lowe; er ist
“Philosoph”, in einem fortgeschrittenen Kurs; sie ist
Romanschriftstellerin (…Lincoln), von Quines sehr geschätzt.  Ziemlich
langweilig.  Zum Glück kommt spät noch Prof. Perry.  Er hat in Princeton
den Ehren-Doktor bekommen.  Er sagt, man bedauere sehr, daß ich abgelehnt
habe.  Er sagt, daß die Psychologen hier gesagt haben, daß sie auf meiner
Basis sich jetzt besser einigen, weil das eine Art Behaviorismus ist, der
die Introspektion auch anerkennt, aber die Begriffe behavioristisch
definiert; ich soll mal mit Prof. Pratt sprechen.  Ich sage ihm, das Chic.
nicht, wie ich anfangs geglaubt hätte, permanent ist, sondern 3
Jahres-Kontrakt, und die anderen nur 1 Jahr.  Er stimmt mir zu, daß das
keine gute Methode ist, und die Professoren abhält, Opposition gegen den
Präsidenten zu machen.  Aber er meint, Hutchins schätzt offene
Gegnerschaft; wenn er, Perry, etwas gegen Hutchins Maßnahmen habe, würde
er immer zu ihm gehen und das ganz offen sagen.
Di 14  Wieder sehr heiß.  Korrektur Syntax.
Mi 15			″
Do 16
Fr 17  Feigl erscheint im 2. Kurs.  Mittags mit ihm und seinen 2 Studenten
Lunch.  Nachmittags kommt Nagel, wohnt bei uns.  Feigl auch hier.  Feigl
fährt in unserem Auto mit seinen Studenten zum Konzert.
Sa 18  Mit Nagel “Testability” verglichen.  (Feigl war Weekend weg)
So 19                       ″
Mo 20                     ″
Di 21
Mi 22  Nachmittags 4-6 Diskussion in privatem Zirkel, Quine, Prall und
seine Freunde, etwa 15.  McLane spricht einleitend über empirischen Gehalt
der Mathematik.  Da er aber zugibt, daß Mathematik analytisch ist, wird
nicht recht klar, was er unter empirischen Gehalt versteht.
Do 23  ½6 Quine hier.  Dann mit ihm zum Pasteur-Film; zu viel Dialog; und
Film eines französischen Benediktiner-Klosters, malerisch.
Fr 24
Sa 25  Wir beide mit Nagel im Auto an die See, nordwärts.  Über
Marblehead hinüber nach Magnolia.  Zu kühl zum Baden.  An verschiedenen
Stellen auf Klippen gesessen; auch etwas Sonne.  Sehr wohltuend nach den 3
Wochen Sommerschule.  8¾ wieder zuhause.
So 26o  Feinkorrektur der englischen Syntax fertig (außer Register).
Mo 27  (Nachts Moskitos.  Sehr wenig geschlafen)
Di 28  Mit Feigl zu den Psychologen: Prof. Pratt.  Dann Prof. Boring;
dieser ist ein lustiger Zykliker [?], hat Feigl begeistert über seinen
psychologischen Aufsatz geschrieben, stellt allerhand Fragen in sehr
unexakter Formulierung; will mit uns und Brunswik Diskussion machen.  Er
vertritt einen Operationism, will den gegen William Sterns “verstehende
Psychologie” verteidigen.
Mi 29 Ina  
Do 30
Fr 31  Im elementaren Kurs unoffizielles Examen: 5 Fragen, davon 3
schriftlich zu beantworten.  (Goheen hält das Examen ab, für mich, um
9h). – Abends 6½ Edith Nagel kommt an.  Ich hole sie mit Nagel im Auto
ab.  (Im Gedränge mache ich Beule in den Vorderfender, zum Glück der
schon beschädigte linke).  Sie ist sehr angetan vom Ferienkurs von Fermi
über Quantenphysik.
Sa 1. VIII  Ich schreibe ersten Entwurf für “Logik”, den
Harvard-Vortrag, unter Verwendung von Feigls Notizen. – Abends kommen
Brodwins, sind in 6 Stunden hergefahren.  
So 2  Wir mit Brodwins und Nagels in Braudwins [sic] Auto hinausgefahren,
ans Meer, Nordseite [?].  Lynn zur Insel Nahant hinüber.  Dort am Strand
gebadet.  Sand sehr heiß, Wasser sehr kalt.  Nach dem Essen finden wir
keinen schattigen Platz; ein Polizist scheucht uns von einem “private
ground”.  Wir fahren in den Lynn-Park und ruhen uns im Wald aus.  Dann
nachhause.  (Wieder wenig geschlafen, und nachts Kopfschmerzen).
Mo 3  4-6 Diskussion mit ca 18 Leuten über MS Testability; dabei auch
Misses Langer.  Leonard berichtet über Versuch, Reduktion durch Definition
zu ersetzen, mit semantischen Begriffen, die sämtliche diskrete
Grundbegriffe der Physik voraussetzen.
Di 4  Nachmittags 6½ Sommerschulfilm “Gulliver”, russischer Film; sehr
nett.  
Mi 5  11-12 Rosser, erklärt mir seinen Beweis über Ergänzung einer
Sprache (nach Art der Regel UF2 für I.). – Angefangen, M5 für Vortrag
“Logik” auszuarbeiten, in Deutsch.
Do 6  Abends mit Ina ins Kino “Fury”, über Lynchen, gut und
[aufregend?], aber mit sentimentalem Happy End.
Fr 7  Dental Klinik, X-ray Aufnahme, auch für Ina.  4-½9 mit Feigl zu den
Psychologen: Schenk, der uns eingeladen hat, Brunswik, Pratt, Stevens. 
Schenk und besonders Stevens Vertreter des Operationalismus, gegen
Brunswik, der aber auch versucht, mit uns einig zu gehen, und die anderen,
die teilweise arge Philosophie hineinbringen.  Im Ganzen sehr gute,
fruchtbare Unterhaltung.  Wird beim Abendessen (im Club) fortgesetzt.
Sa 8
So 9  Wir mit Nagel und Goheens vormittags mit unserem Auto hinausgefahren
in den Wald am See, Middlesex Fells Reservation.  Kurz, aber gute
Entspannung.
Mo 10  Dental Klinik, Dr. Yeats.  Auf Grund der neuen Aufnahme rät er mir,
doch den einen Zahn, den er schon damals angemerkt hat, ziehen zu lassen
(der jetzt letzte rechts unten); im übrigen jedes Jahr Aufnahme machen zu
lassen. – 
4-6 Diskussion in unserer Gruppe über MS “Testability”.  Ich zeige,
daß Leonards Definition doch nicht funktioniert.  Mc Gill verteidigt
Realismus.  Goodman verteidigt die Psychologie-Begriffe als Basis, da
subjektive Sprache, wie im “Aufbau”, dann später zum Intersubjektiven
übergehend.  (Feigl leider nicht da, noch an der See; die Diskussion ist
nicht sehr lebhaft; anscheinend zu viele Leute, da sind sie scheu).
Di 11  Vormittags Zahnarzt.
Mi 12  4-½7 Tee hier, mit Goheens und Nagel.  Es kommen: Quines, Lewis,
Gerschnawitz [?] (Nagels Freunde), Feigl mit 2 Kindern (Schmidt und Miss
Rosenbaum), Machlup. – Abends zum letzten Mal mit Nagel spazieren.  Sein
Hauptergebnis hier: Er hat gesehen, daß seine Logikkenntnisse, aus
Selbstunterricht gewonnen, sehr gut sind, und daß er die Dinge besser
versteht als die meisten hier in der angesehenen Hochburg der Logik.  Ich
ermutige ihn, doch über die Dinge zu schreiben, die ihm so klar sind.  Er
meint, daß sei dann nicht original genug.  Ich: Wenn man Bericht geben
will, merkt man, daß von selbst Eigenes hinzukommt. – Ina versucht
vergeblich, ihm für die englische Übersetzung meines Vortrages (für die
Konferenz) $10 zu geben; er will durchaus nicht.  (Auch für die
Syntax-Revision hat er nichts angenommen).  Es wird vereinbart, daß er bei
solchen Arbeiten künftig $3 für die Stunde nehmen will.
Do 13  9-11 letzte Vorlesungen.  Nagel reist ab (die Frauen fahren ihn zum
Bahnhof). – In Bibliothek. – Gespräch mit Brunswik.  Er will den
intentionalen Gegenstand physikalisch definieren: Als Koppelung von
bestimmter Struktur zu physikalischem Gegenstand und den Reaktionen der
Personen. – Mittags mit Machlupp, im Club. (Er hat in Buffalo nominell
6500 Gehalt!  Wegen Kr[...] reduziert auf 5400.  Die Sommerschule hier gibt
den amerikanischen Professoren einen bestimmten Bruchteil ihres
Jahresgehalts (vielleicht 2/11  oder 2/13), bei ihm etwas mehr als 900).
Fr 14  2h Examen des 1. Kurses.  Ich bringe die gedruckten Fragen hin (10,
davon 6 zur Auswahl). – Zahnarzt. – Bibliothek. – Diskussion mit
Wohlstätter.  Er interessiert sich sehr für Syntax, Semantik; möchte
Analyse der Ethik versuchen.  Und darüber schreiben. – Dann mit Waters. 
Er doziert in Ohio-State University, Columbus.  Fragt, wie man den Lehrplan
verbessern sollte.  Er ist sehr an Testability interessiert.  Er hat mit
Weinberg und anderen einen „Carnap-Zirkel“ gehalten.
Sa 15  9:15 Exam des 2. Kurses, nur 2 Teilnehmer.  12h die Papers abgeholt.
– 3h wir mit Feigl in unserem Auto abgefahren.  Straße Nr 1, 16 über
Portsmouth nach Conway.  Übernachtet in Bigelow Lodge.
So 16  In die White Mountains weiter gefahren.  Über Glen, Jackson, Glen
House (hier geht die Autostraße auf den Mt. Washington ab),
Gorham-Randolph.  Wir sehen das Haus von Smith, und seine 5 Kinder
vorbeifahren.  Wir lesen zufällig [?] den Namen Bridgemans.  Wir fragen
ihn um Auskunft.  Seine Frau kommt mit und zeigt uns einige Cottages, es
ist aber nichts Geeignetes dabei.  Prof. Mayer aus Princeton ist auch in
der Nähe.  Wir fahren weiter, schmale Waldstraße, zur Base Station der
Mt. Washington Bahn.  Wir nehmen eine kleine 2 Zimmer-Cottage ($4).
Mo 17  Es regnet.  Darum lassen wir den Plan fallen, auf den Berg zu gehen
(Feigl zu Fuß, wir mit der Bahn).  Wir fahren über Bretton Woods und
Fabian [sic] (hier sind alle Hotels zu vornehm), vorbei an Echo-Lake und
Profile Lake zur Franconia Notch.  Wir steigen durch die felsige Schlucht
„The Flume“.  Dann fahren wir zurück nordwärts, am Echo-Lake vorbei
nach Franconia bei Sugar Hill.  Schöne Lage, aber Hotels zu vornehm. 
Zurück nach Franconia, und die kleine Straße hinaus zum Berg-Plateau, in
Richtung Bethlehem.  Bei W.S. Phillips’ Store, oberhalb von Bethlehem,
nehmen wir ein nettes einfaches Cottage „Stone Camp“.  Der Wohnraum,
darin schläft Feigl; darin erhöht Küche mit Eßtisch, dahinter Bad; und
2 Schlafzimmer.  Elektrisches Licht.  Pro Tag $3.  Höhe 1760 ft.; nur
wenige Hotels in diesem Gebirge. Liegen so hoch. – Abends in Bethlehem
gegessen und Voräte eingekauft.
Di 18  Vormittags zu Fuß auf den Mt. Agassiz; die Zollstraße beginnt
gerade hier.  Oben Aussichtsturm, sehr schöner Rundblick auf die ganzen
White Mountains; der Mann bläst Trompete für das Echo.  Im Wald
Sonnenbad. – Nachmittags über Maplewood zum Burns Lake; geschwommen; und
zum Forest Lake.  Zurück über Littleton.
Mi 19  Autofahrt, zur Erkundung anderer Unterkunftsplätze.  Über Bretton
Cottage, zur Crawford Notch.  Das Crawford-House scheint uns zu elegant. 
Hinunter nach Notchland, dort Inn Unique.  Sie scheint nett; aber für uns
viel zu niedrig gewesen.  Von Bartlett die Waldstraße (Bear Mt. Road) nach
Passaconaway.  Das liegt sehr schön auf einer Hochfläche und baut gerade
die Straße, die später nach Waterville Valley durchgehen soll.  Die Inn
hat leider kein elektrisches Licht, und der Bagger in der Nähe macht
Lärm.  Darum wollen wir nicht hin.  Gravelstraße hinunter nach Conway;
über Glen nach Jackson.  Wir erkunden einige höher gelegene Plätze. 
Dabei Nordic Farm, von Machlup empfohlen.  Da sind uns zu viele Leute, und
doch nicht hoch genug.  Ebenso Fernald Cottage, liegt noch tiefer.  Wir
fahren deshalb zurück: Über Glen, Bartlett, Crawford Notch, Fabian [sic],
nach Bethlehem zurück.
Do 20.  Zu Fuß spazieren nach Süden und Westen. – Nachmittags fährt
Feigl zum Schwimmen.  Wir beide hier (o).
Fr 21  Etwas geschrieben, gepackt.  Nachmittags Abfahrt.  Bei Bridgemans in
Randolph 2 Stunden geblieben.  Er arbeitet in einer kleinen Hütte im Wald.
 Das Haus hat er selbst aus einem alten Stall gemacht; verschiebbare
Wände.  Mit Frau und Töchter.  Ich sage, daß ich glaube, man könne die
ganze Cantorsche Mengenlehre rigoros darstellen; auf Grund der
Verbesserungen von Russell und Fränkel.  Dann fuhren wir weiter.  Wir
verlassen die weißen Berge; es ist zu trübe, sonst wären wir gerne noch
auf den Mt. Washington gefahren.  Wir übernachten in Rumford; Hotel
Rumford.
Sa 22  Nach Rangeley am Rangeley Lake.  Wir fahren herum, um Cottage zu
suchen.  Zuerst zu den höher gelegenen Seen; aber da ist alles besetzt. 
Endlich finden wir eins: Rangeley Manor Camp (anscheinend war früher auch
ein Hotel dabei).  Sehr nettes Haus aus ungestrichenem Holz; eisener
Feuerplatz; 3 getrennte Zimmer; Bad.  
So 23o  Vormittags Examens-Papers korrigiert. – Nachmittags mit Ina
allein spazieren.  Sie ist schon etwas nervös auf Feigl geworden, weil wir
nie für uns allein sind; und durch die schlechten Nächte, besonders durch
sein Schnarchen.  Wir quartieren Feigl in der Nachbar-Hütte ein.
Mo 24  Vormittags an den Mooselookmeguntic See.  Schöner
Klippen-Vorsprung, nordischer Charakter.  Nachmittags mit Feigl spazieren. 
Über seine Ehe; und allgemein Menschliches.
Di 25  Wir gehen immer mittags zum Essen aus, sorgen morgens und abends
für uns selbst. – Wir fahren auf die Südseite des Sees und gehen weiter
bis zum Nibogan Camp; nett und einsam gelegen, aber kein elektrisches
Licht. – Abends ins Kino Viel Post; nachmittags Briefe. – Abends Kino.
Mioi 26  Wir fahren von Rangeley die Straße nach Norden, über Stratton
nach dem Bigelow Brook Pond am Bigelow Mountain.  Wir bleiben dort in der
Einsamkeit, essen Obst, machen Sonnenbad.  Ina und ich liegen im Wald.  Wir
rudern in einem Kanu, der dort liegt, etwas den Fluß hinauf.  Am See sind
alte verfallene Jagdhütten.  Nicht mehr in Benutzung, da jetzt
Wildreservat.  Abends zurück.
Do 27 Ina  Geschrieben.
Fr 28  Mit Feigl kurz Rundflug im offenen Wasserflugzeug (8 Minuten für je
$1.50) über den See.  Sehr schön. – Vormittags Vortrag „Wahrheit in
Logik und Mathematik“ vorbereitet. – Nachmittags englische Syntax. –
Mit Ina spazieren.
Sa 29  Regen. – Geschrieben. – Nachmittags MS „Testability“ für
Druck bearbeitet (Nagels Korrekturen).
So 30  Abfahrt im Auto, 11½.  In Portland, an der Küste, beschließen
wir, doch bis Cambridge durchzufahren.  Cambridge 9½.
Mo 31  Besorgungen. – MS „Testability“ bearbeitet. – Vortrag
vorbereitet. – Interview über morgigen Vortrag.
Di I. XI  10:45 mein Vortrag „Truth in Math. and Logic“, in der
gemeinsamen Tagung der Mathematiker und Logiker.  In der „New Lecture
Hall“, sehr großer Saal.  350 Zuhörer!  3 Mikrofone; der Vortrag wird
durch Rundfunk verbreitet, und sogar auf Kurzwelle nach Europa geschickt. 
Ich spreche frei, 40 (ansonsten 30) Minuten; es gelingt gut, obwohl in der
letzten Zeit nur Deutsch gesprochen. – Dann 4 kleine Referate, je 10
Minuten. – Copeland getroffen; geraten, MS in Journal Symbolic Logic zu
veröffentlichen. – Logiker Lunch.  Ich sitze neben Langford, sehe ihn
zum ersten Mal.  Er war 1 Jahr in Europa, meist in England; hat 6 Wochen
bei Wittgenstein Vorlesungen gehört.  Ich frage ihn, welchen Vorteil er
glaubt, daß Lewis Methode der strikten em[?] vor der syntaktischen hat;
er: der Vorteil ist auf der anderen Seite (!), aber Lewis  will ein
Kriterium für Inconsistenz aufstellen, das in der empirischen Wissenschaft
angewendet werden kann. – Ferner Ducasse, der Vorsitzende und Begründer
der logischen Wissenschaft. – Nach dem Lunch redet Whitehead etwa 1
Stunde über die Entstehung und die Entwicklung der symbolischen Logik,
sehr persönlich und eindrucksvoll.  Die orginellste Idee sei: Freges
Definition für „etc“.  – Nachmittags  MS „Testability“ für
Druck fertig gemacht. – Abends 8:30 (!) – 11:30 bei Struik, Holländer,
am MIT, kennt Frank gut.  Die Frau ist Pragerin, nach fragt nach allen
Leuten dort, hat bei Frank studiert.  Sie wollten Ina auch kennen lernen,
haben vergessen, sie einzuladen.  Dort ist Cartau aus Paris, spricht sehr
wenig Englisch.  Courant, ist an der N.Y.U., Head of Department, sehr
eifrig im Neuaufbau und Erweiterung tätig.  Wohnt in New Rochelle, mit 4
Kindern; schon 3 Jahre hier, gerne hier; will für den Liberalismus
eintreten.  Ich äußere Skepsis, kulturelle Freiheit retten zu können,
solange die jetztige wirtschaftliche Ordnung besteht, die so etwas wie
Hearst Press zulässt usw.  Er sagt, daß doch manche Geldleute und
Industrielle Verantwortungsbewußtsein haben.  Und schließlich stimmt er
zu, daß später doch eine Umstellung der Wirtschaftsordnung kommen muß. 
Er meint: hier ohne Faschismus und Erschütterungen.  Auch das Nazi-Regime
bereitete die Mentalität für zentralistische Eingriffe in die Wirtschaft,
also den Kommunismus, indirekt vor.
Mi 2  Mittags Behr und Frau zum Lunch hier.  Er trägt an der NYU vor, aber
ohne Bezahlung, von Princeton aus. – Abends 7-9 ich zum Dinner bei Präs.
Conant.  Ein junger Mann empfängt mich und stellt mich den anderen vor. 
Nachher erfahre ich erst, daß das Präs. C. selbst ist.  Expert,
reper[...] Physiker Lyman;  er will mir später mit Bridgeman das Labor
zeigen.  Mathematischer Physiker Wilson, hat 1900 symbolische Logik
doziert, mit Peanos Buch.
Do 3  Abends 7-11 Mathematiker Dinner; Ina und ich eingeladen als Gäste,
am Vorstandstisch.  Ich spreche mit Frau Cairns und Prof. Richardson,
Sekretär der Mathematiker; er wird 1940 den Internationalen Mathematiker
Congress organisieren.  Er möchte, daß ich mal nach Brown University zum
Vortrag komme.  Hardy, Lefschatz und andere machen Toast.  Dann bis über
eine Stunde!  Ina spricht mit dem Londoner Statistiker Fischer, der sehr
naiv seine Nazi-Sympathien äußert.
Fr 4  Nachmittags Vortrag Eddington, Diskussionsvortrag Ahi [?].  Über
Beziehung zwischen kosmischer und atomarer Konstante.  Nachher mit Mather
[?] Gespräch, er will Radio-Gespräch mit mir arrangieren.  6:30-9 Prof.
Perry bei uns zum Essen.  Ich frage ihn, wie McKeons Entschlußänderung zu
erklären ist.  Er hat über mich mit Präs. Hutchinsons gesprochen, und
dieser sei gar nicht gegen meine Ernennung gewesen.  Dieser habe
wahrscheinlich McK. umgestimmt. –  9h Vortrag Dewey über „Autorität
und soziale Änderung“.  Ziemlich langweilig.
Sa 5  11h zu Dr. Mather, mit ihm die Radio-Konversation besprochen.  Er hat
sie aufgesetzt, seine Fragen so formuliert, daß er meine Antworten aus
meinem MS nehmen könnte; besonders die Geschichte von den Hottentotten. 
In höchster Eile nach Boston, zur Rundfunk-Station.  12h-12,15 unser
Gespräch; internationaler Broadcast, sog. blaues Netz [?], über 40
Stationen im ganzen Land. – 3½-6 Curry hier.  Er stellt allerhand Fragen
zur Syntax und über sein System mit lauter Konstanten, durch die Variablen
entbehrlich werden.  Für das Aussagenkalkül hat er ein System, das
syntaktische Begriffe mit hinein nimmt.  Er meint, der Unterschied zwischen
Objektsprache und syntaktischer Sprache wäre doch nicht ganz scharf.  Er
scheint ganz scharfsinning[es?] System aufzustellen; aber seine Fragen sind
nicht ganz klar, d.h. ich weiß nur wo[?] er im Ganzen hinaus will. – 6½
wir zu Quines zum Essen.  Dann wir mit Quines und Gohens nach Boston zum
Kino.  „Meine amerikanische Frau“, nur halb gesehen.  „Girls
dormitory“, eine rührende Geschichte aus einer Salzburger Schule. 
Nachher noch wieder mit zu Quines, bis ½1! 
Mo 7  Harvard Konferenz, Symposium “Factors determining human
behavior”, vormittags 4 Vorträge: 1) Adrian-Cambridge, Physiologe, über
Nervensystem; 2) Collip, über Hormone, spricht zu schnell und undeutlich;
3) Piaget, Kinderpsychologe, Genf; über Entwicklung des Kindes, unter dem
Gesichtspunkt der Konservation, psychologische Konstantentheorie, einiges
interessant; 4) Jung, Zürich, über psychologische Faktoren, etwas zu
metaphysisch.  Wir Harvard-Gäste sitzen auf dem Podium, hinter dem Redner;
ist dadurch schlecht verstanden.  Spemann ist da; er sagt, daß Merten [?]
jetzt Studienrat in Lad-Teiningen [?] ist, betrübt, weil keine Verbindung
mit der Universität mehr möglich; anfangs war seine Stellung gefährdet,
Speemann habe für ihn gesprochen.  Pannekoek kennengelernt; er hat mal
für Erkenntnis geschrieben. – Nachmittags Fortsetzung: 1) Janet, über
psychologische Kräfte und Schwächen, einige Punkte klingen ganz
behavioristisch, spricht sehr lebhaft, 2) mein Vortrag „Logik“ (als
Faktor det. human behavior), ich lese ihn ab.  Darin die
Hottentotten-Geschichte, alle lachen und verstehen es., 3) Lowell, der
frühere Harvard-Präsident, über Geschichte, englische Par[?],
liberalistisch (gegen wirtschaftliche Planung).  Nachher Kelsen getroffen,
und Haas.  Dann mit Feigl und Psychologen im Fogg Museum beim Tee
diskutiert: Brunswik, Tolman, Boring, Wertheimer.  Dieser noch mit zu uns. 
Im Garten mit Feigl und ihm gesprochen.  Er sagt, daß jetzt moralische
Werte und Wahrheit oft relativiert werden; das sei große Gefahr.  Wir
geben es für Wahrheit zu. – Abends gehen die anderen zum Vortrag
Malinowski, ich bleibe zuhause, um auszuruhen.  
Di 8  Mittags wir drei Lunch im Georgian mit Senior.  Er sagt, mein
Kontrakt mit Chicago sei sehr zufriedenstellend; die damalige Schwierigkeit
sei nicht aus Böswilligkeit, sondern Unfähigkeit (McKeons)
zurückzuführen, das habe er auch dem Präsidenten gesagt. – 4-7 Strunk
und Frau hier.  Feigl und ich mit ihm über dialektischen Materialismus. 
Er schreibt Buch über Dialektik der Mathematik; gemeint ist aber: der
Geschichte der Mathematik.  Er hat jetzt Hegel gründlich studiert, weil
Lenin dazu auffordert.  Wir sagen ihm, daß die dialektischen
Formulierungen, z.B. Umformen der Quantität in Qualität, sehr schlecht
sind, Schlagworte, keine Gesetze; daß heute Lektüre Hegels nutzlos ist
und besser moderne Logik studiert wird. – Abends ich (Ina fühlt sich
nicht wohl) mit Quines und Gohens zu Whiteheads.  Frau Wh. leidet sehr
unter den Vorgängen in Europa und der Kriegsgefahr.  Ich spreche mit ihm
über seine Rede beim Logiker-Lunch, über Frege usw.  Ich berühre auch
die Frage der Klasse und das „together“, komme aber nicht dazu, ihm
unsere Auffassung der Überflüssigkeit der Klassenzeichen darzulegen, weil
er selbst allerhand erzählt.  Miss Amet, aus New Castle [?], hat Buch
über Whitehead geschrieben, war beim Prager Kongress.
Mi 9 – Nachmittags hier Diskussion mit Quine, Leonard, Mudman [?] und
Feigl.  Erst über deren Definition, die die Reduktion ersetzt, mit
„P-ableitbar“.  Dann über deren Konstitutionssystem; Feigl und sie
möchten Eigenpsyche[?]basis, ich Dingsprache als Basis.
Do 10  Mittags zum Lunch im Commander-Hotel mit dem Direktor Weaver der
Rockefeller foundation.  Er war in Kopenhagen, etwas enttäuscht, weil die
Diskussion über die Unbestimmtheitsrelation mit zu vielen Begriffen der
traditionellen Philosophie arbeitete.  Er ist Mathematiker-Physiker.  Er
sagt, er sympathisiert mit unserer Bewegung, hat verschiedenes von mir
gelesen, kann sie aber im Allgemeinen nicht von der Stiftung aus
unterstützen.  Sie beschränken sich ganz auf Biologie, und Physik,
Mathematik, Logik, soweit sie der Biologie dienen.  Besonders Woodger,
Wrinch, Rashevsky.  Ich spreche über Hempel und Popper; rühme Hempel
sehr; er könnte Biologie-Physik lernen und dabei schon Logik helfen, z.B.
in Philosophie.  Mit Rashevsky und mir zusammen.  Popper müsste eine
Stelle für sich bekommen, ist individualistisch. – Nachmittags zum Tee. 
Astronom Pannekoek.  Watson, der junge Mann aus NY, schreibt Buch über
Methode der Literaturwissenschaft, will es nicht auf Sätze und Rationales
beschränken. – Abends wir mit Quines im Auto nach Boston, zu Curtis und
Frau.  Zuerst 7¾ Dinner im Summerset Club, dann in ihre Wohnung auf Beacon
Hill.  Er hat etwas Syntax gelesen, ist begeistert davon, ohne viel zu
verstehen, symphatisiert mit der Anti-Metaphysik, hat viel erwirkt für
meine Einladung hierher.  Er spricht über die Einheit zwischen
scholastischem Denken und dem üblichen Denken der Rechtsanwälte und
Richter.  Wir vergessen die Zeit, plötzlich ist es fast 1h!
Fr 11  Vormittags mit Feigl über meine Logik-Vorlesung, die er endlich so
machen will; und über Erkenntnisproblem.—Nachmittags 4-6 Quine hier. 
Über Chwisteks Brief, über seine Misverständnisse, sein
Nicht-Erkennen-Können der Notwendigkeit der Anführungszeichen.  
Über Quines neues System (in Journ., Heft 2), aus Zermelos entwickelt;
ähnlich dem jetzigen Tarski-System.  Es will nicht eine geläufige Sprache
geben, sondern wie das von Tarski, ein möglichst einfaches System für
formale Untersuchungen über Widerspruchsfreiheit und
Entscheidungsverfahren usw.  Es ist vielleicht tatsächlich das einfachste
bisherige System! – Abends alle 70 Gäste zum Dinner des Präsidenten im
Lowell-Haus.  Ich sitze mit Kelsen am Tisch, setze mich später auch zu
ihm.  Geheimrat Wenger, römisches Recht, aus Wien.  Kelsen wird im Oktober
in Prag anfangen, aber vielleicht Genfer Stellung halbjährig beibehalten. 
Er erklärt mir die Entstehung des Kausalgedankens aus dem
Widervergeltungsprinzip; er hat das in vielem etnologischen Material
bestätigt gefunden; will das für Erkenntnis schreiben, interessante Idee.
 Aber er lehnt ab, daß die Gesetze für Voraussagen da seien; das sei ein
Rest der Auffassung der Natur für den Nutzen des Menschen.  Speeches von
Präs. Conant, Ho[...], Rappard (sehr fein über geistige Freiheit,
nötiges Ventil, um soziale Erschütterung zu vermeiden), Svedberg+. 
Nachher mit Rappard Gespräch, spricht fließend Englisch und Deutsch, ist
Kelsens Chef in Genf, lebhaft und anziehend. – Ina ist gleichzeitig beim
Dinner von Frau Conant.  Dort singen die dann zusammen Volkslieder (!).
—
Sa 12  Zahnarzt. – Mit Feigl über Physikalismus.  Er unterscheidet 2
Themen: 1) Einheit der Sprache, 2) „Identität“ als Forschungsprinzip,
d.h. Erklärung der Gehirnvorgänge durch Physiologie und schließlich
Physik. – Briefe.
So 13o  Nachmittags mit Ina in die Middlesex Fells Reservation.  Dort
Vormittags: Feigl reist ab; Kasperle wünscht baldige Rückkehr, 
um Chic. zu beschließen [?].
um See spazierengegangen, und auf einen Aussichtsturm. – (Nancy Gohen ist
sehr verliebt in Ina.
Mo 14  Nachmittags Zahnarzt: Zahn gezogen (unten rechts der letzte).
Di 15  Nachmittags 5h Ursula Kaufmann am Südbahnhof abgeholt, sie wohnt
bei uns.
Mi 16  3h Empfang der 500 Delegierten in Sanders Theatre.  Fast alle haben
akademische Talare, auch Prof. Tomičak von der tschechischen Universität
Prag, und Prof. Hüttig von der deutschen Technischen Hochschule Prag (er
hat Prorektors Robe genommen); ich schwarzen Anzug.  Wir marschieren auf
die Bühne, geordnet nach dem Alter der Institution, Prag. Nr. 8 und 9. 
Dann Ansprache von Präsident Conant, und Antwort von Cartan.  Danach Tee
im Memorial Delta [?].  Dazu kommt Ursula und später Ina.  Prall bringt
mich zu Prof.        , Head der University of Liverpool (England), der den
starken Einfluß des Positivismus auf die jungen Leute in England und
Amerika bedauert.  Ich erkläre ihm die unhistorische, systematische
Einstellung.  Prall macht mich mit Hu Shih bekannt, Universität Peking,
sehr einflußreich in China.  Zuletzt treffen wir Hockings.  Frau Hockings
findet es unfair von mir, daß ich Tales’ [?] Beispiel im Vortrag (Liebe
und Haß der [unleserlich]) genommen habe, was keiner sehr glaubt, anstatt
modernes.  Ich sage, das ist doch einfacher, und kränkt niemanden. 
Hocking sagt, er bedauert, daß ich so weit weg sein werde in Chic (!).
Do 17  1:30 Lunch für die Delegierten in Memorial Hall.  Ich neben einem
Mexikaner, Delegierter eines College von Guadalajara.  Neben dem sitzt
Lewis.  Nachher lädt er und seine Frau uns für Sa ein.  4 Nachmittags
Konzert: Bach, Haydn, Mozart, sehr schön; Boston Symphonieorchester.  Ich
habe auch Karten beschafft für: Quine Gohens, Ursula, Naomi Quine. –
Ursula bringt einen Austausch-Studenten John; er wohnt eine Nacht bei uns;
Jurist, sehr junger, naiver Jüngling [?]. – Abends zum Feuerwerk am
Fluß.  Ich mit Ina; Ursula mit John, sie kommen erst ½1 heim und können
die Tür nicht öffnen.
Fr 18  Haupttag der Celebration.  Wir versammeln uns in Widener Library. 
Ich habe gown und cap geliehen, die schützen mich gegen den Regen.  Im
Harvard Yard ist großes Theater aufgebaut.  Wir marschieren hindurch und
sitzen auf der Tribüne.  Zuerst regnete es immerzu, nachher hört es auf. 
Allerhand Reden und Chorgesänge.  Präsident Conant spricht eindrucksvoll
über akademische Freiheit.  Dann Verleihung der Ehren-Doktorate an uns 62.
 Der Präs. Conant liest jeden Namen und dazu einen Spruch.  Dabei steht
der Betreffende auf.  Dann bringt ein Helfter ihm das Diplom.  Ina sitzt
unten im Regen und friert, nachher ganz erkältet.  Auch Gohen.  Ich erst
einige Tage später.  Nachher Lunch mit Selbstbedienung in Memorial Hall. 
Ich mit Prof. Perry.  Er erzählt, daß die deutschen Professoren
ursprünglich Delegierte sein sollten.  Dann aber haben sie eine Weisung
aus Berlin erhalten, nur privatim aufzutreten.  Nur Finger-München
(Chemie) hat sie nicht bekommen; so war er der einzige Delegierte
Deutschlands.— Anschließend 2:30 nachmittags Versammlung, hauptsächlich
für die Alumni.  Wegen Regen im Sanders Theater, so daß die meisten nicht
zuhören können.  Sehr entschiedene und offene Rede für Lehrfreiheit von
Präsident Angell von der Yale University.  Auch Präs. Rosevelt, der auch
vormittags schon beiwohnte, hält eine Rede; für Freiheit. – 6h mit Ina
zu Quines.  Morgen ist ihr 6-jähriger Hochzeitstag.  Ich frage Quine, ob
die Candidaten für die University-Professorship (Conant hat nachmittags
mitgeteilt, daß 500000 $ dafür gestiftet worden sind) schon früher
bestimmt sind oder ob ich vielleicht noch Chancen habe.  Er weiß es nicht,
meint, Henderson sei wohl in Aussicht genommen; vielleicht sei noch Chance
da.
Sa 19  Geschrieben.  Ina packt.  Wir fahren nachmittags 4-6 zu Lewis nach
Lexington hinaus.  Er ist sehr zurückgezogen, konservativ.  Über
Philosophie nur wenig, er möchte erst englische Syntax lesen.  Aber etwas
über Atomsätze.  Ich erkläre, daß wir absolute Atomfakten ablehnen, und
wir kommen hier zu Einigung im grössen[?].  Er hat in Colorado
unterrichtet, sagt daß ihn der alte Pioniergeist sehr anzieht, und in den
Westen getrieben hat. – Abends, schon im Bett (im Arbeitszimmer unten),
bitte ich Nancy für einen Augenblick zu kommen.  Ich sage ihr, sie soll
nicht so traurig sein; sie war den ganzen Tag dem Weinen nahe und wünschte
sehr, wir führen erst Montag ab, was aber Ursulas wegen nicht möglich
war.  Ich sage, sie würde Ina nicht verlieren, und wir sehen uns mal
wieder.  Sie hatte gefürchtet, ich wolle keine Treffen mehr, aus
Eifersucht.  Ich tröste sie, und küsse sie.  Sie ist so rührend
kindlich, besonders jetzt in ihren starken Gefühlen für Ina.
So 20  Gepackt, Ursula hilft Bücher packen.—Mittags wir mit Ursula und
Gohens Abschiedsessen im St. Engler [?].  Ausgeruht.  3h Abfahrt aus
Cambridge, mit Ursula, die wir nach Kingston in ihr neues College bringen
wollen.—Charlemont (N.Y.?) Mass., „The Inn.“
Mo 21  Durch die Adirondacks, über Tupper Lake.  Sehr schöne Landschaft
mit großen Seen.—Potsdam N.Y., Hotel...
Di 22  Fähre über den St. Laurenz-Strom: Ogdensburg-Prescott.  Bei der
Weiterfahrt durch Canada sprechen wir auch über [unleserlich] und Politik.
 Ursula sehr naiv.  Irgendetwas müssten wir doch glauben.  Wir fragen, was
sie glaubt.  Sie sagt, nicht wie die Kirche, aber: an ein Schicksal oder
Vor[...?] (z.B.: sie hat beim Skilaufen ein Bein gebrochen; und vorher
hatte sie geahnt, daß sie schlecht fahren würde), und an die Natur (!);
alles sehr unklar, sie kann es auch nicht erklären, es sind mehr bloße
Gefühle.  Im Politischen [?] glaubt sie nicht, daß die Zeitungen in
Deutschland lügen; die Kriegsgefahr käme nicht durch Hitler.  Der habe in
Deutschland doch endlich wieder Ordnung und Einigkeit geschaffen, dagegen
die schrecklichen Streiks in Frankreich; das seien keine fairen politische
Mittel (!die Fabrikantentochter!). – Mittags in Kingston.  Zuerst in die
... Hall, zur Dean of Women. Sie ist noch sehr jung, freundlich, ich
erkläre Ursulas Wünsche: sie möchte B.A. machen (das hängt von ihren
Vorkenntnissen ab und kann heute nicht entschieden werden) und als Graduate
Student behandelt werden (das geht vielleicht).  Sie bekommt ein kleines
Mansardenzimmer, ist nicht sehr entzückt davon.  Nach dem Lunch ich mit
Ursula zum Deutsch-Professor Hähnel aus Frankfurt; er und seine Frau haben
meinen Vortrag in Cambridge gehört; er war enttäuscht, daß nicht mehr
Gelegenheit zur Diskusssion da war, hat aber Goseben [?] besichtigt usw. 
Sie sind vor 4 Jahren hergekommen; seine Frau hat bei Tillich studiert,
kennt auch Wertheimer ein wenig.  Ich überlasse die weiteren Beratungen
Ursula; sie weiß genau was sie will. – Wir alleine weitergefahren, sind
sehr froh, endlich wieder ganz unter uns zu sein. – Port Hope am
Ontario-See.  Beide sehr müde.
Mi 23oIna  Weiter gefahren.  Gestern und heute legen wir uns draußen nach
Lunch zum Ausruhen ins Grass; sonnige Tage des „Indian Summer“.  5½h
London.  Zuerst Brescia Hall.  Ina bleibt dort bei Mutter Felicita; sie hat
sonst nicht Besuch und freut sich sehr.  8h hole ich sie wieder ab. –
Auto in Ford-Garage; das Klapper-Geräusch bleibt weg, als ich mit dem Mann
probefahre.
Do 24  Ich bringe Ina 10½ ins Kloster und hole sie 1h wieder ab.  Sitz im
Hotel; geschrieben. – 3h Abfahrt nach Chatham.  In die Klosterschule
„The Pines“, Mutter Ursula.  Sie zeigt uns den Klostergarten, und lädt
Ina, die Nacht dort zu bleiben.  Ich nehme Zimmer im feinen Hotel William
Patt (2,50 mit Shower).
Fr 25  Wir fahren über Detroit (Ambassador Bridge) nach Pokagon State
Park, Ind. wo wir Anfang April waren.
Sa 26  Regnerisch.  Einige Spaziergänge.   (Abends viel Krach, weil
Mädchengruppe, die eine Tagung da haben).
So 27  Spazieren; teilweise wieder im Regen.
Mo 28  10h ab. 3h nachmittags Chicago.  Zu Morris, Ich hole ihn im Auto vom
Office.  Wir rufen verschiedene Apartmenthotels an, meist nichts frei.  Wir
gehen auf die Suche in einem nördlichen, meist jüdischem Viertel.  Um 8h
Abends finden wir The Standish Apartmenthotel, 5110 Kenwood, nahe Hyde Park
Boulevard.  Apartment im 10. Stock, keine Wohnung mehr darüber, nach
Süden, schöne helle Zimmer.  Das Schlafzimmer hat 2 große Fenster, soll
als Study hergerichtet werden.  Wir sind froh, eine Wohnung gefunden zu
haben.  Obwohl 25 Min. von der Universität, hell und ruhig.  Wir müssen
sie für 2 Monate fest nehmen; monatliche Kündigung.
Di 29  Mit Housekeeper [?] später Möbel-Änderung besprochen.  Mittags zu
Morrisens.  Inas Studienpläne besprochen, Social Sciences.  Nachher mit
Morris über classes für 1939 und über Neuraths Kommen im Oktober.  5-9
mit Ina zu Kasperle ins International House.  Wir helfen im Auto umziehen
aus dem Mayflower Hotel (dort einfaches Zimmer mit Badezimmer $1.50!).  Sie
will doch nicht im Social Service studieren, sondern Psychologie! in
Verbindung mit dem Institut für Juvenile Research.  Es fällt ihr schwer,
alleine zu arbeiten, das Kind zu verlassen, ganz auf sich gestellt zu sein.
 Sie bezahlt die teueren Universitätskosten von ihrem Geld, aus Stunden
geben ($1 für 1 Stunde); im übrigen gibt Feigl ihr Geld dazu (anscheinend
3 oder 400$).
Mi 30  Mit Ina Studienpläne besprochen.  Nachmittags Vorlesung
vorbereitet.
Do 1. X.  10h erste Vorlesung “Einführung in symbolische Logik”, etwa
10 Hörer, nur ganz wenige von den alten.
Fr 2  10 Vorlesung.  McKeon.  Er apologized, daß er sich damals nicht klar
ausgedrückt habe.  Ich sage, daß wir die alte Sache als erledigt
betrachten wollen.  Er sagt, daß er als sicher annimmt, daß [unleserlich]
ich in Wirklichkeit [?] dauerhaft da bin; und er hoffe, noch vor Ablauf der
3 Jahre den Vertrag ändern zu können (anscheinend meint er: permanent
Sache), und auch höherem Gehalt.  Wenn die ökonomische Lage sich bessere,
werde der Präsident individuelle Anträge für Permanenz an die Trustees
stellen!  Er wisse nur einen Fall, wo eine Anstellung nicht verlängert
worden sei, das war nur wegen immoralischen Verhaltens.  Politische
Ansichten kämen nicht in Betracht.  Die Trustees hätten mal
Schwierigkeiten gemacht wegen 2 Professoren hier wegen kommunistischen
Ansichten; aber der Präsident habe sie gegen die Trustees geschützt. 
Auch wenn er und der Präsident jemanden für inkompetent halten würden,
würden sie keinen Weg sehen, etwas gegen ihn zu unternehmen.  Wenn eine
sehr schwere ökonomische Krise einträte, würde man nicht Professoren
abbauen, sondern lieber gleichmäßig die Gehälter kürzen. – Mittags
Lunch im Club mit dem Dept.  Über die Vorlesung für nächstes Quarter.
– Abends ½7-9 zu Morris.  Auch Kasperle.  
Sa 3
So 4O  Nachmittags Besuche: (Perrys nicht zu Hause); zu Eckarts.  Über
erkenntnistheoretische Fragen der Physik.
Mo 5  Mittags werden wir neuen Professoren (Jäger usw.) fotographiert. 
Jäger fährt für 2 Monate nach Schottland zu Vorlesungen; Frau und Kinder
sind hier. – 6-9 Faculty Dinner; die Neuernannten werden vorgestellt;
sehr viele (über 30).  (Kasperle bei Ina)
Di 6  Vorlesung.  Mit Morris meinen Plan für weitere Vorlesungen, auch
für nächstes Jahr, besprochen.  Er sagt, daß ich im allg. nicht
200-Kurse lesen bräuchte.  Zwar ist gewöhnlich Mangel an solchen; aber
von mir hatten sie von vorneherein 300 erwartet.
Mi 7  11h zum Präsident Hutchins.  Er ist sehr freundlich; wir berühren
die früheren Schwierigkeiten und den 3-Jahres-Vertrag nicht.  Zum Schluß
fragt er, ob er noch irgend etwas helfen kann; da frage ich ihn wegen
Zuschuß zur Übersiedlung der [unleserlich] und wegen freier Tuition für
Ina.  Ich soll melden, was die Übersiedlung kosten würde.  Er will sehen,
was er tun kann, obwohl es nicht üblich sei. – 3½ erstes Seminar. 
Aarons aus Berkeley ist für kurze hier, berichtet, daß der Einfluß von
Schlick noch sehr lebending ist, und daß meine Veröffentlichungen
ausführlich diskutiert werden.  Besonders Dennes pflege diese Probleme.  
Do 8  Korrektur Testability.  
Fr 9  Beim Lunch schlage ich dem Department vor, das Lunch anderswo zu
machen, damit nicht alle, besonders die jüngeren, gezwungen sind,
Mitglieder zu sein.  Aber außer Osborne wollen alle doch auf jeden Fall
Mitglied bleiben.  Ich beschließe deshalb, auch einzutreten.
Sa 10  Nachmittags Trude Morris hier.  Abends mit Ina Kino „Mary of
Scotland”, packend.
So 11  Mittags Kasperle hier.  Sie will wahrscheinlich nach einem Quarter
wieder nach Iowa, weil dort der Dr. in Psychologie viel leichter als hier
(!). – Nachmittags Besuch bei Perry, Senior, Frau Smith.
Mo 12O  Ina geht vom Dept. Soc. Sc. zum Social Service über.
Di 13  
Mi 14  3½ Seminar; 17 Teilnehmer.  Nach kurzem Referat sehr lange und
teilweise heftige Diskussion (über Geom).
Do 15
Fr 16  Mittags Dept. Lunch; Besprechung über die Papers für Vorexamen;
Zulassung von Harzel zweifelhaft.
Sa 17  11h Sitzung der Humanities Division.  Morris wird in das Komitee
für Policy gewählt. – Lunch mit Morris und Thurstone.  Wir berichten
ihm von Hempels Buch.
So 18  Wir fahren zum Indiana State Dune Park, 1 Stunde, 20 Min.  Sonnig
und schön, aber Wind.  Mittags zum Picknick-Platz; dabei auch gelegen,
aber Mücken.  Nachmittags Hartshornes besucht, in ihrem Cottage; klein und
dürftig.  Er hat nur 1 Seminar; die College-Vorlesung ist wegen Mangel an
Registranten (nur 4 Leute) abgesagt worden.  Er beobachtet die Vögel durch
sein Fenster. – Heimfahrt zuletzt im Dunkeln.
Mo 19O  
Di 20
Mi 21 Ina  Nachmittags Seminar.  Lebhafte Diskussion über Charakter der
Sätze der Ethik; über Semantik und Syntax.  Mit ziemlich gutem
Verständnis.  11 Teilnehmer; ich sage, daß ich über die Anwesenden
berichten muß, und jetzt aber noch nicht tue.
Do 22
Fr 23  Mittags Department Lunch.  Über Harzel; Smith und ich dagegen,
Morris dafür, aber mit Warnung; Hartshorne kann es nicht entscheiden.
Sa 24  Autofahrt zur Nordseite von Chic., NW University, Evanston,
Kenilworth; sehr schöne Gegend, viele Gärten, Badestrand.  Wie schade,
daß unsere Universität nicht dort in der Nähe ist!
So 25  Gearbeitet (Umarbeitung des Abriß der Logistik, für die englische
Ausgabe).
Mo 26
Di 27  Neurath kommt an.  Wir bekommen Telegram zu spät, holen ihn spät
am Englewood ab; wegen Privatbad will er nicht ins International House;
Hotel Mayflower.  Er berichtet von großen Erfolgen.  Hat gleich in der
ersten Zeit in NY Aufträge für über 1000$ bekommen; ist für 1 Monat,
vielleicht auch länger, Berater für die Worldsfeier 1939; hat
verschiedene Möglichkeiten, hier im Lande zu bleiben; sagt aber, er
möchte das nicht (!!), weil es hier bald schlimm werden würde, weil immer
gleich geschossen wird.  Ich sage, daß Prag sicher schlimmer ist; schon
jetzt: Studentenunruhen in Kelsens Vorlesung.  Wir fahren ihn und Morris in
die Stadt, wo er bei einem Lunch der Social Workers Lichtbilder
vorführt.—Wir sofort nach Hause.—4-6 N in der Gruppe für
wissenschaftliche Logik vor etwa 15 Professoren über Kopenhagener Kongress
und Enzyklopädie.—Mit N und Morris im Club; dann bei Morris.
Mi 28  11h mit N und Morris zur Univ. Press.  Wir schlagen vor: Zunächst
nur 20 Broschüren in 2 Bänden, in 2 Jahren; fertig [?] vor dem Kongress
1939 in Harvard.  Die Press steht diesem Projekt sehr günstig gegenüber.
– Lunch im Club mit 10 Professoren. – 3:30-5:30 N Vortrag und
Diskussion bei Social Scientists; Vorsitz Wirth.  Dieser sagt zum Schluß,
ob ich nicht mit ihnen arbeiten will, um sie in logischer Analyse zu
trainieren. – 6:30 wir mit N zum Essen bei Morris.  Auch Kasperle. 
Nachher kommen Eckart, Senior und die [unleserlich] [unleserlich] und
Bloomfield.  Wir sprechen über die Enzyklopädie.  Diese wollen
umarbeiten. (N hat 10h noch Besprechung!).
Do 29  (N ist in der Stadt bei [unleserlich] Organisation).  N kommt 4h. 
Heftige Diskussion über Tarskis Wahrheitsbegriff, den ich verteidige.  N
liest mir eine Menge Stellen aus Tarskis Buch vor, die höchst bedenklich
sein sollen, aber fast alle harmlos sind.  Ich gebe aber zu, daß es sein
kann, daß dahinter eine nicht ausgesprochene Metaphysik steckt; N
behauptet, die werde später deutlich herauskommen, wie bei Weil [?]. 
Über Anteil der Warschauer und Wiener an der Gedankenentwicklung.  N liest
mir aus einem MS von Arne Naess vor, gegen Physikalismus.  Die Einwände
sind richtig, aber nur gegen die alten Formulierungen.  Abends kommt Ina
aus der Vorlesung.  Ich gebe N $10 für Hotel und sonstiges.  Wir besuchen
um 10h noch Morris  für ½ Stunde.  Dann bringen wir N zur Bahn (Woodlawn,
63rd Street).
Fr 30  Mittags Department Lunch. – Nachmittags Seminar (anstatt Mi, wegen
Neurath).
Sa 31
So 1.XI O  Vormittags fahren wir zum  South Shore Drive und sehen Häuser
dort und beim Country Club an; es ist aber ziemlich weit, und wir finden
nichts besonders Verlockendes.
Mo 2  Entwurf für Neurath: “Vorschlag einer normierten logistischen
Symbolik”.
Di 3  Mit Leng (University Press) über Übersetzung des Abriß, er will
das MS von Rosinger kommen lassen. – Abends 7:30 – nach 10: Morris im
Thurstone Seminar, in dessen Wohnung, über logische Analyse, und Hempels
Buch.  Mit Diskussion.
Mi 4  Gestrige Wahl: Roosevelt mit überwältigender Mehrheit gewählt.
Mi 5 11 in Eckarts Office mit ihm über sein MS: Messung der
Quantenmechanik, ohne logistische Symbolik.
Fr 6                                          (Auto zur
Winter-Umstellung.)
Sa 7  
So 8O  Mittags Morrisens hier zum Lunch.  Über Bruner. – Nachmittags
Eckarts hier.
Mo 9  Nachmittags große [?] Lebensversicherung abgeschlossen ($12000).
Di 10  Arzt kommt hierher, für Versicherung. – 4h unsere
Professorengruppe.  Bliss über reine und angewandte Mathematik.  Wenn auch
Verschiedenes nicht ganz klar, so werden wir doch in den Hauptpunkten
einig.  Er betont: Theorie exakt, Anwendung unexakt und auf Endliches
beschränkt.
Mi 11
Do 12  Briefe (endlich mal) an Eli [?] und Neurath.
Fr 13
Sa 14  Nachmittags mit Ina ins Federal Theatre: Lewis, It can’t happen
here.  Sehr packend; für uns mehr als für die Amerikaner, denen es
wahrscheinlich zu seltsam und unglaubwürdig erscheint.  Es fehlt in dem
Stück: 1) die große Wirkung der Vogelscheuche Kommunismus, wodurch viele
gewonnen werden; 2) die positive Wirkung auf die Gebildeten (es werden
nämlich nur die Gewalttaten betont); 3) die Rolle des Proletariats als
Hauptgegner (hier hat ein liberaler bürgerlicher Herausgeber eine geheime
Druckerei in seinem Keller). – 
So 15O  Mittags Kasperle hier; macht Intelligenztests mit Ina. – Abriß
gearbeitet. – Briefe.
Mo 16 Ina  Abriß.  Briefe.
Di 17  Abends Ernis Vetter Löwenberg aus Memphis (Tenn.) hier, es scheint,
daß sie Ernis Kommen sehr wohlwollend unterstützen wollen.  Wir betonen
aber, daß sie kein Geld braucht, sondern eine Stelle.
Mi 18  Im Seminar ist Parschell [?] böse über  Apustes [?] vorlautes
Wesen.  Er und andere beklagen sich bei Morris.
Do 19  University Press: Besprechung wegen Abriß der Logistik.  Ich sage,
daß Rosingers Übersetzung gut ist.  Noch keine Entscheidung.
Fr 20
Sa 21  11 Senatssitzung, nur 10 Minuten. – Mit Hartshorne über sein MS,
das Kapitel über Positivismus.  Er ist sehr unklar. – Lunch mit Morris. 
Er erzählt über die Klage der Studenten gegen die Adler-Leute
(Aristoteles- und Toman-Anhänger), die “Juden”; die Studenten scheinen
sehr übertrieben zu haben.
So 22  Feigl ist fürs Weekend hier, mit Lewin gekommen.  Gestern hatten
sie Diskussion mit den Psychoanalytikern.  Ich hole ihn um 10 am Hotel ab,
zuerst zu Morris.  Über Enzyklopädie.  Über Tarskis Semantik.  Morris
scheint von Neuraths Bedenken angesteckt, hält die Begriffe, auch meine
Erklärung, für Metaphysik, er möchte andere “Semantik”(?).  Mittags
beide Feigls bei uns.  Nachmittags mit Feigl etwas diskutiert über
Physikalismus und anderes.  Um 6 bringen Ina und ich ihn in die Stadt; dort
noch die Stunde zusammen; dann fährt er mit anderen im Auto ab.
Mo 23O  Neuen Abriß.
Di 24  11 Senior, über Schema in Enzyklopädie.  Er macht Vorschläge für
methodologische Fragen; vielleicht will er doch selbst schreiben.  Oder
vorher Lewis fragen, sobald wir weiteres Program für die ersten 2 Bände
haben.
Mi 25  Nachmittags Seminar.  Parschell berichtet weiter; die anderen sind
einmal zurückhaltender.
Do 26  Feiertag: Thanksgiving  Abriß: MS.
Fr 27  Beim Department-Lunch: Vorlesungsplan für sechstes akademisches
Jahr.
Sa 28  Abriß-MS.
So 29  Nachmittags wir im Auto zum Palos Park, SW von Chicago, an 7. 
Skisprunghügel.  Bei gutem Schnee kann man vielleicht etwas auf dem
dortigen Hügeln laufen.
Mo 30  Vorlesung vorbereitet.
Di 1. XII o  Abriß
Mi 2 
Do 3  5 Schilpp holt mich ab zur North-Western University, dort Dinner mit
dem Department: Morris, Schaupp, Howard (Head of Department).  Dann mein
Vortrag “Verification and the Unity of Science”.  Nachher  Diskussion
in Howards Zimmer.  Alle sind sehr interessiert.  Schilpp bringt mich
wieder zurück; mit seiner Frau.
Fr 4  
Sa 5  Abriß
So 6  Mittags Kasperle hier. – Autotürschloß eingefroren!  Wir stehen
bei arger Kälte lange auf der Straße, bis ein Mann kommt.  Er kann es
nicht öffnen.  Weiter vergeblich auf anderen gewartet.  Dann zu Fuß zu
Benjamins, Supper.  Dort auch Osborne.  
Mo 7  Auto wird geöffnet.  In Garage neues Schloß eingesetzt.
Di 8O  4-6 unsere Gruppe, Vortrag Raschefsky “Biologie und Physik”. 
Sehr interessante mathematische Analyse.  Vortrag zu lang und zu
technisch.
Mi 9
Do 10
Fr 11 Ina  Beim Lunch Department gefragt wegen früherem Schluß im Januar,
um Dampfer “Bremen” zu kriegen.  Smith sagt “ sind doch freie Leute,
machen es nach unserem Gewissen”.  Perry sagt, daß das jeder selbst
entscheiden muß; alle sagen, wegen solchen Fragen geht man nicht zum Dean.
 Da Perry Sekretär sein wird, ist damit die Frage gelöst. – Ich
erzähle aus Franks Brief: Dubislav als Vertreter abgelehnt, wachsende
Gleichschaltung.  Über faschistische Gefahr in Amerika; ich sage, daß sie
größer ist, als die meisten hier glauben.
Sa 12  Abriß.
So 13  Nachmittags: Ina bleibt zu Hause, ich 3½ zu Morris.  5 mit
Morrisens zu Benjamins, Abschiedstee für Hartshornes; er geht für 2
Quarter an die Stanford University.  Frau Hartshornes Vater, ihr ähnlich,
mit weissen Haaren, [unleserlich] Mann, früherer Englisch-Professor, sagt,
ich soll Gödels[?] Meaning[?]-Frage in Ordnung bringen und Analyse der
Sprache.  Er schätzt Richards sehr. – Mit Hartshorne etwas
[unleserlich].
Mo 14  Abriß. – Nachmittags wir mit Morrisens ins Kino International
House: Skifilm “Der weiße Rausch”, verlockend und lustig.  Ich kannte
ihn schon.
Di 15  (Vorlesung lasse ich ausfallen).  Abriß.  [unleserlich]
Mi 16  (Nachmittags zum Seminar kommt nur Schmaude; fällt daher aus.)
Do 17  
Fr 18  1 Stunde Examen (schriftlich) in symbolischer Logik. – Mittags
letztes Dept. Lunch.  Hartshorne geht für 2 Quarter nach Standford.
Sa 19O  Abriß.
So 20  1-4 bei Morrisens.
Mo 21  Briefe. – Wir sind schon entschlossen, neue Skier und Skisachen zu
kaufen, da kommt Brief aus NY: die Sachen aus Prag sind da!
Di 22  Mit Ina in die Stadt, Weihnachtstrubel in den Läden.  Skijacke für
mich gekauft. – AE wegen der Prager Sendung.
Mi 23  Briefe.
Do 24 (Ina)  Mit Ina in die Stadt.  AE: die Skier und Sachen sind da, aber
das Zollamt schliesst bis So!  So können wir nicht zum Skilaufen fahren.
– Abends 7-10 bei Morrisens.  Über Kommunismus, Strucheds[?] Aufsatz.
– Zuhause  Tannenzweige auf den Tisch, mit Kerzen.
Fr 25  Keine Weihnachtspost, weil alle Schiffe durch Sturm verspätet. –
Zeitschriften gelesen.
Sa 26  MS Abriß. – Wir haben keinen Baum, aber Tannenzweige mit Kerzen
auf dem Eßtisch.
So 27  Briefe.
Mo 28  Nachmittags zum AE und Zollamt.  Nach vieler Mühe bekommen wir
Handkoffer mit Skianzügen und Skier heraus.  Abends bei der Heimkehr
heftige Rückenschmerzen im Kreuz; ins Bett gelegt.  Morris und Neurath
kommen, bis ½11.  Über Enzyklopädie.
Di 29  Nun müssen wir die endlich ermöglichte Skifahrt aufgeben!  Dr.
Hatcher, von [unleserlich], Instruktor für orthopädische Chirugie, kommt.
 Sagt: Nichts Ernstes, aber im Bett bleiben, später X-Aufnahmen machen. 
Hart liegen.  Im Wohnzimmer Matratze auf Fußboden.
Mi 30  Immer noch sehr schmerzhaft.  Ina wälzt mich immer von der einen
auf die andere Seite.
Do 31  Noch kaum besser. – Neurath und Morris nochmal hier.  N muß schon
abreisen.
  



        



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