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Diary

Transcriptions by Brigitte Parakenings, Philosophy Archive, University
of Konstanz 

										          RC 025-73-02
I / 1928

 Fr 30 ,   h

 Sa 31 Maue Elisabeth    Sylvester

So   1.I.28   3 

 Mo 2    G 

 Di 3   L 

 Mi 4   S 

 Do 5 +   1 

 Fr 6   11 

 Sa 7 +   Bis. 

So   8   Ge 

 Mo 9   h

 Di 10   G 

 Mi 11 ,  	Schlittenfahrt mit den Schwedinnen und allen Kindern nach
Castiel.

 Do 12   	Schlittenfahrt mit den Schwedinnen und Hanneliese nach Wiesen.
Ski<…>. 

 Fr 13   L 

 Sa 14 ,  	Entscheidende Besprechung über Scheidung. Beschlossen. 
	Gymnastik bei Dr. Sylva angefangen.
So   15   	(3 mal wöchentlich).

 Mo 16 +  l 

 Di 17   V 

 Mi 18 +  Mi 

 Do 19   	Elisabeth reist ab (wegen Pachtsachen in Wiesneck)

 Fr 20   U 

 Sa 21 , 	Die Kinder mit Fanny reisen ab. 
	Ich ziehe um ins Waldheim. 

So   22 ,   	Skispringen auf der großen Schanze 

Mo 23 ,  .Bri efe. 

 Di 24   V 

 Mi 25 ,  Mi 

 Do 26    	MS fertiggemacht (Konstitutionstheorie)

 Fr 27    	MS zum Druck abgeschickt. Nachmittags zum Tee bei Frau Borchert,
dabei der Pfarrer und Frau.

 
 Elisabeth Sa 28 ,  Bis. 

So   29    	Vormittags Bobrennen zugesehen.
Nachmittags mit den Schwedinnen bei Dr. Sylva, seine interessante Frau,
musikliebend. 

 Mo 30    A 

 Di 31   L 

 Mi 1. II.   S 

 Do 2 ,  1 

 Fr 3 ,11 

 Sa 4    	Vor- und nachmittags auf dem Eisplatz: Kunst- und Schnellauf.

So   5   	Eisplatz: Schnellauf und Paarlauf (dieser besonders schön, 2
Wiener Paare: Wrede und Frau Brunner).

 Mo 6   	Zusammenfassung der Konstitutionstheorie fertig. 

 Di 7 ,	h

 Mi 8 ,   d 

 Do 9   „	Hockeyspiel Schweden : Deutschland, 9 : 0; Triumpf der
Schwedinnen.

 Fr 10   „R 

 Sa 11   	Ab 

So   12 ,  k

 Mo 13 ,  . Nachmittags mit den Schwedinnen im Kurhaus.  ri efe. 

 Di 13 ,	Frau Dr. Edelstein reist ab (trifft ihren Mann; nach Venedig).

 Mi 14   	Abends bei Frau Hederström. Sie möchte gern einen Gutenachtkuß
 (sie gesteht es am andern Tag), kriegt aber keinen.
 Do 15   	A 

 Fr 16   	Viele fahren nach St. Moritz; ich nicht, will Sparen anfangen). 


 Sa 18 ,  	Abends ruft plötzlich CW1 an; ist in Frauenkirch mit den
Kindern.
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So   19   	Nachmittags hole ich CW am Bahnhof ab, sie hat alleine die
Parsenntour gemacht. In die Konditorei, dann auf mein Zimmer; um 8 muß sie
wieder wegfahren. Sie spricht gegen Wien, für Berlin. <…> Sie will
„irgendwelche Fotos“ sehen; ich zeige ihr die Fotos von Maue und
Birgit. Auf dem einen Bild sieht sie sofort die Ähnlichkeit und ist sofort
im Bilde; (vielleicht hat auch Franz etwas gesagt). Sie findet Gramms
Verhalten sehr großzügig. Sie hat in München gehört, wir würden uns
scheiden. Sie hat von Hilde Horn ein Bild von „Guatemala“ gesehen und
ist sehr von ihr eingenommen; die hätte ich heiraten sollen. Maue dagegen
erscheint ihr zu kosmisch, mütterlich, deutsch; sie habe nicht genügend
Garconne,  Modernes, Verschiedentypisches in sich, sei „ewig“, nicht
in der Gegenwart lebend. Franz habe ihr gesagt, er wolle alles tun, um mich
von der Frau abzubringen. Ich erzähle ihr, daß Franz sich inzwischen ganz
gut mit ihr steht. 
Auf dem Weg zur Bahn will ich sie küssen; sie verweigert es, sie wolle
nicht in meine „Kollektiverotik“ hineingeraten. Sie erzählt deutet
aber eigene Seitensprünge an, und SG, der vermeintlich so monogame, habe
das Gleichgewicht wieder hergestellt. 
Sie interessiert sich für Russell, erzählt von ihrem Joyce Aufsatz. 
Abends Frau Hederström bei mir. Gutenachtkuß (der erste). 
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 Mo 20 ,  	Hockeyspiel, Spandau, I, II, Davos.  
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 Di 21   Vormittags mit Frau Hederström zum Eisplatz, Schaulaufen.
Nachmittags Skispringen; vergeblich <…> Giedions dabei gesucht. 
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 Mi 22   Vormittags zweimal Bobfahrt nach Klosters; meist lenkt von Seiler,
manchmal auch ich. Wir fahren vorsichtig, die andern stürzen, wir nicht. 
Abends mit Frau Hed. Bei Dr. Sylva. 
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 Do 23 ,  N 
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 Fr 24   Giedions in Frauenkirch besucht. An Schlitten angehängt bis dort.
Mit SG über Parallelität unsrer Philosophie mit der neuen Architektur
usw. gesprochen (Zurückgehen auf die Elemente, Betonen des
Handwerksmäßigen, Objektivität, Solidität). Nachmittags mit CW nach
Davos, später Kurhaus. Sie erzählt mir von Oud, dem holländischen
Architekten (Bauhausbuch), den sie seit 1 Jahr liebt (geheim) wie noch
keinen Menschen. Er hat aber Hemmungen; ich ermuntere sie, <…> <…> ihm
aus diesen Hemmungen zu helfen. Mit ihr Dr. Leifs besucht, wegen Vortrag
Franz Roh; er spricht von den Hochschulkursen. 
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 Sa 25 ,  Letzte ärztliche Untersuchung. 
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So   26 , 	
Maue A 
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 Mo 27   Briefe geschrieben. 
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 Di  28   Briefe geschrieben, gepackt. 
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 Mi 29   Gepackt, nachmittags mit Frau Hederström ins Kurhaus. 
Abends: der Abschied wird ihr schwer.          Ende von Davos.2 
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 Do 1. III.   8 – 7 nach Seefeld. (<…> Dort ist Maue mit Birgit. Im
Ranterhof; wir essen mittags im Waldheim. Maue unten S-Zimmer, groß, hell;
ich O-Zimmer. 
Nachts Maue wieder Hemmungen. 
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 Fr 2  o i  Schöne Sonne; spazieren; viel mit dem Kind im Zimmer zusammen.
Schnur hat beide herangebracht; schreibt auch ruhig und freundlich über
mich. 
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 Sa 3 o  N 
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So   4 o   A 
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 Mo 5    	Wenig gearbeitet, nur Sachregister Konstitutionstheorie.

 Di 6  o o  Jung, Unbewußtes gelesen und mit Maue darüber gesprochen. 

Mi 7   Mi Maue erzählt von einer interessanten Diskussion mit Schnurr,
Neres und Rohs über Gottesbegriff.

 Do 8 o  V  

 Fr 9   11 

 Sa 10 o o  Über Gottesbegriff und Existenzaussagen geschrieben. 

So   11 o  Ge 

 Mo 12   h

 Di 13 o 	Beim Dilgers Kurs zugeschaut.  
	Über freie und gebundene AS gearbeitet. 

 Mi 14    	Nachmittags kommt plötzlich Professor Fraenkel3.
Ich mache die beiden Tage Spaziergänge mit ihm, abends ißt er beide Male
bei uns; 
 Do 15 o 	jüdisch-rituell, er erklärt es uns auch ausführlich
(Offenbarungsreligion). Ich diskutiere mit ihm über Grundlagenfragen,
besonders Monomorphie und Nichtgabelbarkeit. Wir sprechen auch von
Universitätsfragen. Maue gefällt ihm sehr. Er gibt auch gute Ratschläge
für das Kind. Ein guter Mensch.

 Fr 16   11 

 Sa 17 o  Bis. 

So   18   Ge 

 Mo 19   h

 Di 20 o  G 

 Mi 21 o  	Innsbruck; Zahnarzt und Besorgungen. 

 Do 22   11 

 Fr 23 o j

 Sa 24    l 

So   25 Maue   	Fraenkel vormittags hier; hat Ruf nach Kiel. Spricht auch
über Scholz. 

 Mo 26   	Maue und Baby Leibschmerzen. 

 Di 27. III.    Fleißig Axiomatik gearbeitet. 

 Mi 28 o   G 

 Do 29 o  L 

 Fr 30   S 

 Sa 31 o  1 

So   1. IV. o  Die Amerikanerinnen reisen ab. 
			(Hanna und Mary Sass<..>)
				     die hübsche

 Mo 2 o  M 

 Di 3   	Mittags kommt Gramm; erzählt vom Walter Prozeß. Erstes
Zusammentreffen seit April 1926! Er hat gar keine Animosität, es geht
alles in Freundlichkeit. An dem Kind hat er reine Freude, ungetrübt. 

 Mi 4   	

 Do 5    Maina kommt 1 Tag her. Seit über 6 Jahre nicht gesehen, und fast
nicht geschrieben. Im letzten Halbjahr hat sie viel durchgemacht. Gerhard
hat mit Irmgard Peters gelebt, war selbst aber sehr eifersüchtig auf ihre
Freundschaft mit Gerner-Birtle (Osnabrück). Sie ist jetzt aufgewacht, will
aus der Einsamkeit Elmaus heraus, ist für Menschen offen, heiter <…>,
zuversichtlich. Läßt sich willig küssen, wie selbstverständlich.

 Fr 6       Mittags kommen Neresheimer4 und Lore5. 

 Sa 7 o    	Nachmittags reist Schnurr ab, will Ostern alleine in Osnabrück
zubringen. Mit Neresheimers heiter zusammen, Hilde kommt plötzlich nicht.


So   8 Ostern   Morgens kommt Hilde Roh. Die 2 Tage bin ich viel mit ihr
allein zusammen. Sie erzählt von ihrer Liebe zu Spezl und von den
Schwierigkeiten mit Franz. Sie liebt beide, und will beide behalten. Sie
meint der Anspruch des Mannes, eine Frau alleine zu haben, sei
unberechtigt. Franz weiß noch nichts. Wir sprechen auch über Elisabeth.
Sie meint: klare Scheidung; <…> Erziehungsberechtigung gemeinsam (aber
schließlich mein Recht). Über Maina: Sie ist zu kühl für ihren Mann
gewesen, hat häufig seine Umarmung nur geduldet; dürfe ihn auch jetzt
nicht für sich allein beanspruchen. 
Außerdem viel Neckerei mit Neresens <…> und uns. 
Mo nachmittags Ostereiersuche im Wald. Herrliches Frühlingswetter. 

 Mo 9   A 

 Di  10 o  	Früh reisen Hilde und Neresens ab.

 Mi 11    	Axiomatik gearbeitet. 

 Do 12     Axiomatik gearbeitet. 

 Fr 13    	Axiomatik gearbeitet.

 Sa 14 o  Bis. 

So   15 o  Ge 

 Mo 16   h

 Di 17 o  	(schöne Abschiedsvorstellung)
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 Mi 18   	Ich will mittags nach Elmau fahren. Man telefoniert mir ab.
Abends kommt Maina. Spät noch zu ihr hinauf. Bis 3 bei ihr. Sie spricht
ganz offen von ihrer Sehnsucht seit ihrem vorigen Besuch. Sie war jetzt bei
Gerhard, er geht nach Bremerhaven, im Herbst zieht sie mit den Kindern hin.
Sie wollen noch einmal versuchen zusammen. Ich merke zu meinem Erstaunen,
wie monogam ich jetzt bin, infolge Maues Nähe.
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 Do 19    Ganzen Tag mit Maina draußen, in der Sonne. Viel zusammen
gesprochen über ihre Zukunft. Auch über die sexuellen Schwierigkeiten;
ich rate ihr, daß Gerhard zu einem Nervenarzt geht, um sich genau beraten
zu lassen. Vielleicht will Maina im Juni mal nach Wien kommen. Sie fährt
½ 7. Der Abschied wird ihr schwer. Maue erträgt alles erstaunlich gut.
Abends kommt aber doch Erregung, die vielleicht auf Mainas Besuch
zurückgeht, sich aber anderen Anlaß nimmt.
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 Fr  20   K 
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 Sa 21    Plötzlich Grippe, Fieber bis 38,8. Maue betuckelt mich sehr
nett.
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So  22         				 Zu Bett
Maue
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 Mo 23    				 Maue packt
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 Di 24    Aufgestanden. Maue  reist ab. Ich bringe sie mit dem Kind ½ 2 -
½ 4 nach Garmisch. 5 zurück. Bin noch geschwächt und dösig, sodaß mir
der Abschied nicht voll zum Bewußtsein kommt. 
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 Mi 25   Frachtsachen gepackt. Nachmittags Maina angerufen, Abschiedsgruß.
Auch sie ist anscheinend krank gewesen. Warum ich nicht noch hinauf
gekommen sei; „das hatte keinen Sinn“; da macht sie kurz Schluß.
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 Do 26   Herrliche Sonne. Spazieren, Plan für Sommervorlesung gemacht. 
Abreise von Seefeld. 8 – 9 nach Osnabrück. 
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			bzw. auf dem Schafberg, Burgenstr. 36			
 Fr 27 ,  9 – 9 nach Wien, Hockgasse. Schöne Blumen von Waismann und
Genossen. Bin froh, wieder hier zu sein.  
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 Sa 28    Nachmittags 3 – 7 mit Schlick im Volksgarten. Scholz hat
Münster angenommen, denkt für Kiel an mich, hatte Bedenken wegen
Gesundheit, die Schlick beheben will; Scholz war von Reichenbachs Buch
enttäuscht, ich sage, daß er ihm zureden muß, doch auf jeden Fall alle
auf die Liste zu bringen, Scholz hatte an Becker gedacht. Schlick erzählt
von Maja, und von seinen Amerikaplänen.
Abends Volkstheater: „Hokus Pokus“ von Curt Goetz, lustig. 
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So  29   Nachmittags und abends mit Feigl und Waismann. Waismann berichtet
über seine neue Auffassung über Mathematik, im Anschluß an Wittgenstein:
die Mathematik enthält keine Aussagen und Beweise Mengen, sondern nur
Transformationen. 
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 Mo 30   Nachmittags mit Neurath im Museum, Rathaus; Hochhaus und
Siedlungshaus (Ronsdorferin: Steinhaus) besichtigt. Abends mit Waismann bei
Neurath. Ich soll nicht über Gottesbegriff schreiben; mit sowas gibt man
sich <…> überhaupt nicht mehr ab. 
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 Di  1. V.    E 
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 Mi 2   Bibliothek. Kraft hilft mir. 
Abends in 4 Stunden Hilberts Logik ganz gelesen. 
Maina schickt wunderschönes Bild von sich, und sehr verliebten Brief; ich
habe Angst, sie idealisiert zu viel, und wird dann vielleicht enttäuscht.
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 Do 3 ,  Nachmittags Zahnarzt, Kino. Frachtsachen aus Seefeld ausgepackt. 
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 Fr 4   Mit Schlick im Volksgarten. Die Kieler haben Bedenken, ob ich genug
Griechisch könne; ich kann beruhigende Erklärungen geben. 
Abends mit Waismann bei Neurath; Neurath liest aus MS (F<..>  über
Geschichte und internationale Akkumulation); geistreich, witzig, frech. 
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 Sa 5   Morgens Schmerzen im Nacken, wie rheumatisch. Ähnlich wie Sept.
27.
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So   6    Es geht mir etwas besser. 
Nachmittags mit Waismann spazieren. Über Krafts Vortrag (Möglichkeit
einer Ethik als hypothetisch-deduktives System); Waismann leugnet die
Möglichkeit, ich verteidige sie. 
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 Mo 7   Erste Vorlesung „Philosophie des Raumes“, im mathematischen
Institut. 
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 Di 8 ,   Die ersten Übungen (Axiomatik), im mathematischen Institut.
Dabei Frau Neurath. 
Nachmittags Besprechung mit Frau Rand über ihre Dissertation. 
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 Mi 9    Täglich zum Zahnarzt.
Broschüre „Scheinprobleme“ umgearbeitet. 
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Do   10 ,  Abends Schlickzirkel. Mit Waismann über Grundlegung der
Mathematik.
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 Fr 11   V 
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 Sa 12   D r. 

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So   13 ,  Vormittags Martha Lehmann bei ihrer Tante besucht; in
Schönbrunn spazieren. Sie will im Sommer zurück nach Mexiko, ich sage
ihr, daß sie zu schade ist für Mexiko.
Nachmittags Josefstädter Theater „Ihr Mann“; französisches Lustspiel,
ganz witzig.
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 Mo 14    Vorlesung. 
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 Di 15   Übungen (Boltzmanngasse). Mit Natkin, Feigl, Gödel im Café;
über Kausalität. 
Mit Schlick. Er hält Kiel für ziemlich aussichtsreich; vielleicht werde
die Fakultät im Sommersemester noch Beschluß fassen, und das Ministerium
vielleicht September. 
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 Mi 16   Mittags mit Feigl, Gödel, Natkin, Neider im Café; über
Kausalität.
Zahnarzt. Mit Feigl und Neider zu Frau Neurath; meine Broschüre
(Realismusstreit) vorgelesen; abends mit Neurath diskutiert. 
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 Do 17    Himmelfahrt. 
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 Fr 18 ,  Vortrag Professor Dog<..>-Neven<..>, in der Universität; er hat
die Verbindungsstelle zu den amerikanischen Universitäten und
Akademien. Ausstellung „Mutter und Kind“. Abends Waismann bei mir,
bis ½ 1. Erzählt von seinem schwierigen Winter.  
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 Sa 19    Nachmittags telefoniert Schlick: Kiel ist nichts geworden. Über
den Schafberg spazieren. Dann kommt Elisabeths schlimmer Brief, Vorwürfe
und Unterhaltsforderungen. 
7h Martha im Café getroffen, ich bin durch die beiden Nachrichten etwas
einsilbig. Zusammen ins Volkstheater: Bruno Frank „Zwölftausend“, mit
<…> Moissi als Sekretär. Er erkläre Martha Parallelen zu heute:
Willkürmacht der Unternehmer, weltgeschichtliche Bedeutung der  Kämpfe
und Krisen. Nachher zu Fuß die Mariahilfer Straße hinunter. Ich rede ihr
zu, daß Martha I nicht zu arg die Martha II bevormunden solle.
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Maue
So   20   Mittags und nachmittags mit Feigl spazieren; über physikalische
Theoriebildung. Nachmittags und abends Vorlesung vorbereitet und an
Elisabeth geschrieben. 
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 Mo 21   Vorlesung. 
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 Di 22 ,  Übungen; von jetzt ab Liebiggasse. Mittags mit Natkin und Feigl.

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 Mi 23   Mittags mit Schlick. Er zeigt mir Scholzbrief; er schreibt, daß
er mich nicht habe durchdrücken können in der Kommission, er hat an den
Minister geschrieben, dabei mich und Bernays genannt, was aber vielleicht
den ungünstigen Eindruck erwecken wird, als sei ich bloß Mathematiker;
Fakultät habe zur Bedingung gemacht, daß der Betreffende alle Probleme
der Philosophie zu behandeln befähigt sei, er glaube dies auch von mir,
habe davon aber trotz des Buches (das ich ihm in Korrekturbogen geschickt
hatte) die Kommission nicht überzeugen können.
Mit Natkin usw. im Café. 
Mit Neider und Feigl bei Frau Neurath; meine Broschüre gelesen. Abends ich
alleine mit Neuraths. Neurath meint, ich würde auch in 2 Jahren noch nicht
übersehen können, ob ich Aussicht auf eine Professur hätte,  mir würde
es wie ihm gehen: immer ungewiß, vielleicht mal ein plötzlicher
Glücksfall.
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 Do 24   Broschüre fertiggeschrieben. Abends mit Schlick gegessen; dann
Schlick Zirkel. Lebhafte Diskussion über Waismanns Auffassung der
Mathematik. 
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 Fr 25 ,  Broschüre geschrieben. 
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 Sa 26    Abends mit Waismann bei Neurath. Ich lese das Vorwort zum
„Logischen Aufbau“ vor. Neurath ist erstaunt und höchst erfreut über
mein offenes Bekenntnis. Er meint, daß das auf junge Menschen sehr
anziehend wirkend (!) muß. Ich sage, daß ich Schlick noch fragen will, ob
es zu radikal und exponierend ist. 
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 So  | 27 |   Pfingsten   Nachmittags mit Waismann Schrebergartenhäuschen
zu 7000 S besichtigt; aber ohne elektrisches Licht und Wasser. Ist doch
mühevolles Leben. 
Abends mit Waismann über meine Logistik; plötzlich ist’s 1 Uhr!
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 Mo 28 , Pfingsten Briefe geschrieben (ausführlich an Elisabeth).
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 Di 29 ,  Abriß der Logistik gearbeitet. 
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 Mi 30   Mittags mit Schlick. Er rät, das Vorwort zu mildern. Nachmittags
mit Neider und Frau Neurath Broschüre fertiggelesen.      Kino.
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 Do 31    Abends Schlick Zirkel; Diskussion über Waismann.  
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 Fr 1. VI.   Abriß Logistik gearbeitet. 
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 Sa 2    Nachmittags: Professor Kraft über Freud „Die Zukunft einer
Illusion“ und Reich; Gomperz und die anderen machen allerhand schwere
Einwendungen; auf die (!) Kern geht man nicht ein. <…> Mit Feigl im
Café.  Abends Kino: „Film einer Großstadt (Berlin)“, gut. 
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So   3   M 
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 Mo 4   Vorlesung. 
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 Di 5   Übungen.  
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 Mi 6   Nachmittags mit Neider bei Frau Neurath; Kaila vorgelesen. 
Mittags mit Schlick zusammen.        Abends Kino „Sonja“. 
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 Do 7 | Fronleichnam   Nachmittags Autofahrt mit Schlick und Neumann durch
Wienerwald <…>: Heiligenkreuz, Neuhaus. 
Abends Kino: „Lothar“, ergreifend der Mann, der sich ganz auf sein
Gewissen stellt. 
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 Fr 8 ,  Besuch von Professor Lenzen aus Berkeley. Er will eine
Erkenntnistheorie der Physik schreiben. 
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 Sa 9    Logistik gearbeitet. 
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So  10    Nachmittags und abends Feigl und Waismann hier. Mate getrunken. 
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 Mo 11   Vorlesung. 
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 Di 12 ,  Übungen. Mittags mit Natkin. 
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 Mi 13   Mittags mit Schlick. Nachmittags mit Natkin und Neider bei Frau
Neurath. Kaila zusammen gelesen; merkwürdige realistische Anwandlungen. 
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 Do 14    (Mein Vortrag abends wird verschoben, weil Schlick und Hahn
verhindert).
Waismann und Bergmann kommen zu mir hinaus. Über Psychoanalyse. Der
Kommunist Bergmann meint: Die Verklemmtheit der Menschen kommt von der
Erziehung durch die Väter; diese wird nicht weniger, solange die Ehe
besteht; die Ehe können wir nur auflösen, wenn die neue Ordnung kommt.

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 Fr 15   Logistik gearbeitet. 
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 Sa 16    Vormittags plötzlich Maina hier. Wohnt bei Baron von Morawetz,
Nußdorf, Eichelhofstr. 2. Hat schöne Reise gemacht, Dampferfahrt;
Autofahrt mit internationalen Rat Simon Abram. Sie erzählt vom Cellisten
Mischa Schneider aus Frankfurt, der sie sehr gern hat und sie ihn. Sie ist
plötzlich aus Elmau weggerannt. Pexapun-Kopfwäsche. Nachmittags kommt sie
wieder. Abends zusammen in die Stadt, ins Vegetarische; Volkstheater:
Lenormand, Der Feigling (Spionageverwechslung in Davos im Feld Krieg) mit
Mossy. Nachher noch am Ring im Café.
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So   17   Vormittags nach Nußdorf. Der alte Baron Morawetz, typischer
alter Wiener, nennt sich selbst Nörgler, hat wenig Freude am Leben. Seine
zarte Frau, tut viel Gartenarbeit, Astrologie und so etwas. Haus in
schöner Lage. Wir essen alle im Eichelhof. Gespräch über Mexiko-Greuel.
Mit Maina hinauf; statt zum Kahlenberg biegen wir nach Kahlenbergerdorf;
Regen und Hagel, winziges Café mit Musik, Maina amüsiert sich. Straße
nach Klosterneuburg. Häuschen besichtigt. Autobus zurück, Prater,
Kinolustspieltheater: Das Ende von St. Petersburg. Prachtvoller Film,
elende Dauer; Wanderung in die Stadt, Arbeitssuche, Streit, Hunger,
Verhaftungen, . <…> Krieg, Rummel, <…> <…>, Schützengraben, Sturm;
<..>er Revolution, gegen die Arbeiter; neue Revolution. Sehr packend.
Nachher Maina mit zu mir. Sie ins Bett. Ich Tee gekocht. Dann zusammen
gelegen.
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 Mo 18 ,  Vorlesung. Gearbeitet.
Plötzlich kommt Maina um 8. <…> Sie war in der Vorlesung Gomperz über
Kant (!) mit Lilly P<..>berg. Ich begleite sie im Auto nach Nußdorf. 
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 Di 19   Übungen. Mittags mit Feigl und Natkin.
Im Arkaden Café Maina getroffen. Sie hat Brief von Gerhard, daß sie
Sonntagmorgen schon in München sein soll. Sie fährt mit mir hinaus,
bleibt aber nur bis 7. Macht Generalbeichte  über Mischa, Herumstreiten
usw.; und ist froh, alles erzählt zu haben. 
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 Mi 20   Mittags kommt Maina; zusammen bei Strasser gegessen. Kurz zum
Schafberg hinauf, kurz zusammen bei mir. Dann zusammen in die Stadt. Ich zu
Frau Neurath, mit Feigl. Über meine Korrespondenz mit Kaila (Deduktion).
Mit Maina ins Volkstheater: Tolstoj, Der lebende Leichnam, mit Messer. Wir
sind sehr gepackt. Noch im Rathauspark gesessen. Maina möchte mal mit mir
nach Rußland. 
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 Do 21   Nachmittags Maina verpaßt; sie geht mit Käthe P<..>berg in den
Mexiko-Film. Nachher treffen wir uns Café Fr<..> (Schottenring). Dann mit
Maina alleine zum Café Josefinum, bis Schlick kommt. 
Schlick Zirkel: mein Vortrag Axiomatik. Gelingt mir gut; konzentriert und
lebendig. Man ist sehr angetan davon. Ich spreche 9 - ½ 11. 
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 Fr 22 o   Ganzen Tag mit Maina. Vormittags über Schafberg spazieren; bei
Strasser gegessen. Im Bett ausgeruht. Nachmittags Auto in die Stadt, Kino
Imperial, Film „Glöckner von Notre Dame“ (nicht besonders gespielt;
aber Maina verrückt durch Aufregung und groteske Gestalten); Auto zurück.
 8 - ½ 11 zusammen im Bett. Maina will erst nicht, damit ihr’s
übermorgen nicht zu schwer wird mit Gerhard. Nachher wirft sie alle
Bedenken fort. (Pra<.>.).
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 Sa 23    Mittags nach Nußdort. Frau Müller, mächtige, breite, dicke
Gestalt, kräftiger Kopf, blond. Baron nicht da. Ruhiges Mittagessen. Ich
warne die Baronin vor meiner Metaphysikfeindschaft;  gebe ihr Korrekturen
der „Scheinprobleme“ und das Vorwort zum „Aufbau“. 
Mit Maina nach Laxenburg, Auto von der Oper. Schönes altes Schloß, vorn
die niedrigen langen Gebäude, Ökonomie und Kavalierflügel; dann das
Schloß mit der Gymnastikschule. Park. Fest der Musikhochschule, Schlick,
Linkens und einige Damen kommen. Wir sitzen zusammen. Dann mit Maina Bummel
durch den Park. Sie ist sehr zärtlich; möchte gar nicht weg von Wien.
Zurück. Ballett. ½ 9 schon gegangen. Schloßrestaurant etwas getrunken.
Auto zurück. Plötzlich Panne, Maina große Angst um ihren Zug.
Privatauto (Neumann, XII. Bezirk), nimmt uns mit, läßt uns zum Bahnhof
fahren. Frau Müller kommt nicht, wir wissen nicht, warum. Nur Käthe
P<..>berg. Maina fährt alleine ab. 
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 So  24   Gearbeitet, Briefe. (Telegramm von Maina „Bin heute abend frei
und bei Dir.“ ) 
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 Mo 25 ,  Vorlesung. Gearbeitet. Briefe Wohnungssuche. 
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 Di 26   Übungen. Mittags mit Feigl und Natkin.
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 Mi 27   Nachmittags  und abends bei Neuraths. Kaila gelesen mit Neider,
Feigl, Natkin; abends Neurath sein MS vorgelesen. 
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 Do 28 ,  Wohnungssuche im 13. Bezirk. Siedlung Wolkersberg, primitives
Häuschen. Siedlung Rosental, hinauf auf den Satzberg, noch nicht fertiges
Häuschen, ½ Stunde von der Elektrischen (!), aber sehr schöne Lage.
Über den Berg (Heilstätte Steinhof). Schöne Siedlung Flötzersteig. Haus
am Ameisbach, fast fertig; ich müßte aber die neuen Möbel übernehmen.
Abends müde heim. Brief von Maina: schlimme Nächte mit Gerhard.
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 Fr 29   Wohnungssuche 18. Bezirk, Cottage. Nichts.
Abends Waismann hier. Er hat Sorge, ob unser Abbau von Metaphysik und alten
Bindungen nicht vielleicht das Leben verflachen wird; statt ernster
Menschen Tennisspieler. 
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 Sa 30   Wohnungssuche im 13. Bezirk. Heiß und ermüdend. Auch nochmal bei
Klotz. 
Maina Brief: Fährt So nach Bremerhaven!
Lange an sie geschrieben.
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So   1. VII.    Im 16. Bezirk; schönes neues Haus am Flötzersteig. 
Nachmittags bei Kaufmanns. Diskussion über seine Arbeit zur Grundlegung
der Mathematik. Diesmal fruchtbarer.      Abends Vorlesung vorbereitet und
Brief an Maina weiter geschrieben. 
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 Mo 2   Letzte Vorlesung „Raum“. (24 Hörer). 	Sehr heiß.
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 Di  3   Letzte Übung Axiomatik. Mittags mit Feigl und Natkin. 
Abends im 13. Bezirk Haus am Flötzersteig ist schon vermietet. Mit Klotz
lange verhandelt wegen Hypothek. 
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 Mi 4 ,  Gesiba mittags bei Schlick. Siedlung am Wasserturm (10. Bezirk)
besichtigt, schöne Häuschen. Nachmittags mit Neider bei Frau Neurath,
Kaila gelesen und abends liest Neurath aus MS vor. 
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 Do 5   Abends mein 2. Vortrag über Axiomatik im Schlick Zirkel.
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 Fr 6 ,  Briefe geschrieben. 
Nachmittags mit Klotzens beim Rechtsanwalt. 
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 Sa 7    Abends Maues Telegramm „Nicht kaufen, Besuche
unwahrscheinlich“. 
Raimund Theater „Der Garten Eden, 4 Kapitel aus dem Leben eines
‚unanständigen‘ Mädchens“ von Österreicher. 
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So   8   Abends Waismann hier. Von Maina und Mischa (ohne Namen) erzählt,
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 Mo 9    Nachmittags bei Menger. Über Mengenlehre, Grundlagenprobleme usw.
Nachher Kino Schottenring: Die lebende Maske, mit Veidt.
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 Di 10 ,  11 Rechtsanwalt Schottengasse; zum Notar. ½ 4 Schottengasse,
nimmt hohes Honorar!
Mittags mit Neurath; über katholische und evangelische Pfarrer (letztere
unecht).
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 Mi 11   Nachmittags mit Feigl und Natkin bei Frau Neurath. Über
Nähewirkung usw. Abends liest Neurath sein MS zu Ende. Dabei auch
Waismann.
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 Do 12    Maues Telegramm: Juli! Mittags mit Schlick; erzähle von Maina
und ihrem Vater. Er erzählt von seiner Geige spielenden Freundin, die auch
nicht den Attersee kennt. Und von der anderen Freundin, Frau des
Architekten Plattner7 aus Mannheim, die er im September 2 Wochen treffen
will.         Zu Klotz. Wohnung ausgemessen.
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 Fr 13   Ganzen Nachmittag Besorgungen, bei großer Hitze. 
Abends Waismann und Feigl bei mir, bis 1h nachts. Über die Rolle der
Religion in unserer Kindheit …
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 Sa 14    Gekramt und geschrieben, arge Hitze. 
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So   15   Gepackt. 
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 Mo 16   Abreise. ½ 11 - ½ 7 nach Rosenheim. Leider Schlick und Barbara,
die zum Attersee fahren, im Zug verfehlt. 
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 Di 17   ½ 10 – 1 zum Achensee, Pertisau. Vergeblich nach Unterkunft
gesucht. Nachmittags mit Schiff zur Gaisalm, auch alles besetzt. Weiter zur
Scholastika, Zimmer gefunden.
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 Mi 18 o  Mittags Maue in Seespitz abgeholt; Schiff nach Scholastika.
Nachmittags lange im Bett; abends müde.
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 Do 19 +   B 
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 Fr 20 +  +  Gebadet; ich geschwommen, Sonnenbad.
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 Sa 21 +   Wohnungseinrichtung überlegt. 
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 So  22 +  N 
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 Mo 23   k
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 Di 24 +  A 
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 Mi 25   Abends brät Maue mich; sie kann nicht, nichts zu wollen.
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 Do 26 o  Mittags oben im Wald Sonnenbad. ○. Abends Kummer.
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 Fr 27 o  Nachmittags ○. 
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 Sa 28 o   N 
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So   29 o  Nachmittags ○.
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 Mo 30    Letzter Abend! Kummer, Maue kann zu ihrer eigenen Betrübnis
nicht. ____________________________________________
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 Di  31   Abreise. Postauto 11 – 1 nach Tegernsee. Dann 2 – 4 ½ nach
München. Elisabeth Telegramm: ist mit „Hellmut“ und Opel in Lindau. Zu
Rohs.
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 Mi 1. VIII.   Vormittags mit Rohs gesprochen. Etwas über ihre Lage.
Pöschel ist verabschiedet, Roh ertrug es nicht. Jetzt wollen sie zusammen
auf Reise. Dann über Dr. Schmidt und Astrologie. Nachmittags in den
Hirschgarten; Maue und Birgit. Entzückendes Kind. Ruhig und nett,
aufmerksam. Mit zu Gramms. Wohnung besichtigt; Ratschläge für Wien. Dort
gegessen. Bis ½ 9. 
Abends noch mit Rohs.
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 Do 2    Mit Franz und Maue Hut gekauft. 12 - ½ 5 nach Sigmaringen. Dort
Elisabeth und Hellmuth Gall mit Opel Wagen. Sie wollten mich in Lindau
treffen und dann in die Alpen fahren! Jetzt direkt heim, schöne Fahrt. 11
Wiesneck. Gall liebt Elisabeth sehr. 
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 Fr 3   Gekramt. Elisabeth erzählt; sie erzählt mir von Galls. 
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 Sa 4    Gall fährt uns nach Freiburg. Zu Merten. Nettes neues Haus in
Haslach. Sie holen mich mittags ab, zu Galls. Mit Gall über das
Unaussprechbare. Nachmittags mit Elisabeth und Galls im Auto zum Titisee,
auch Ella und Hanneliese. Gebadet, abends heim, viele Himbeeren gesucht. 
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So   5 +  Gall fährt Elisabeth und mich auf den Schauinsland, zum
Autorennen. 3h zurück. „Du“ zu Gall. Abends bringt Gall das Brüderle.

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 Mo 6   A 
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 Di 7   Vormittags mit Elisabeth ins Ibental. Von Maue gesprochen, weil
Elisabeth anscheinend jetzt heiter und stark. Aber es trifft sie doch
wieder hart. 
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 Mi 8 ,  Abends mit Gall und Elisabeth zum Titisee baden. Pläne, daß
beide mich im Auto nach Wien oder ein Stück bringen wollen.
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 Do 9   Die ganze Familie ganzen Tag zum Titisee, ich alleine zu Hause. 
Abends mit Gall im Auto hinauf, sie abzuholen. An Maue geschrieben. 
Elisabeth beklagt, daß sie keinen Menschen ganz für sich hat, und keinen
ganz ungehemmt lieben kann.
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 Fr Maue10 +   Nachmittags kommen Galls Verwandte aus Amerika, um Wiesneck
zu besichtigen. 
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 Sa 11    W 
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So  12    Nachmittags im Gall-Lieferwagen große Kinderfahrt ins Wilhelmer
Tal.
Elisabeth
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 Mo 13   Nachmittags zum ersten Mal zu Christiansen. Er hat die Hoffnung
noch nicht aufgegeben, daß ich wieder ganz zu Elisabeth komme. Ich zeige
ihm Bilder von Birgit. Er meint, gerade durch unsere Bekämpfung werde die
Metaphysik wieder aufleben, ähnlich wie nach Kant. 
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 Di 14   Nachmittags zum Kaffee bei Franks. An Maina geschrieben (endlich,
nach 1 Monat!). 
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 Mi 15   Gepackt. 
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 Do 16 +  Gall-Familie nach Todtnauberg, Elisabeth nicht, kommt abends
wieder zurück. 
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 Fr 17   Freiburg. Zu Merten. Über meine Bücher. 
Abends mit Merten und Gall zu uns. Meine Frotzelei über Gall (Theologie,
Metaphysik usw.).
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 Sa 18    Bücherregal und Schreibtisch verpackt. 
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So   19   Fahrt mit Brüdern Gall und Elisabeth zum Bodensee. Gretl Thomas
(zum ersten Mal gesehen) von Stackelberg abgeholt; über Schienerberg nach
Gaienhofen; Jutta Lietz. Sie hat etwas Hartes und Scharfes, trotz ihrer
Freundlichkeit. Gebadet. Zurück. Bei Stackelbergs die Münchner St. Durch
die Nacht heim. 
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 Mo 20   Nachmittags zu Christiansen. Er erklärt mir, warum er Trennung
von Elisabeth will. Die gegenseitige Beziehung sei nicht mehr da; er habe
es nicht deutlich erklärt, um ihr die Beschämung zu ersparen. Ob darin
doch die Eifersucht gegen Gall mitspielt?     Auch über
„Scheinprobleme“. 
Abends Gall hier. Über Elisabeths Gaienhofen-Pläne; ob sie wegziehen
soll; ich meine: ja, um der Kinder und ihretwillen. Sie meint auch. Ihm
tut’s leid wegen Wiesneck, und daß er sie verlieren würde. 
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 Di 21   Ü 
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 Mi 22   Elisabeth mit Ursula Kaufmann, Annemarie und Hanneliese für 4
Tage zum Bodensee.    Nachmittags zu Christiansen. 
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 Do 23   9 - ½ 11 nach Lichtental. 
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 Fr 24   Binswanger findet die Lunge bedeutend besser als voriges Jahr;
aber noch gefährdet. Die Atmung im allgemeinen schlecht. Die anstrengende
Kur macht mir starke Übertemperatur (38‘7). 
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 Sa 25    Binswanger verordnet: kein Sonnenbad und Massage und
Wechselwaschung; zunächst viel Ruhe, um Temperatur herunterzudrücken.
Abends Agnes und Reinhard vom Hunsrück zurück. Mit beiden gesprochen,
über Christiansens graphologische Analyse; über Lage der Textilindustrie
und die „Scheinblüte“ in Deutschland, mit Überschuldung. 
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 So  26   Mit Reinhard über Notwendigkeit der privaten Initiativen in der
Wirtschaft. Reinhard reist ab 11h. 
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 Mo 27   Weil immer Temperatur, auf Binswangers Rat Röntgenaufnahme;
einige kleine neue Herde in der Spitze, und darüber. Binswanger spricht
von der Möglichkeit, daß Davos wieder nötig wird. Otto Kretz und
6-jähriger Otto kommen. Lustig die Ronsdorfer Sprache; einfaches
burschikoses Wesen, heftiges Mienenspiel. 
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 Di 28 ,  Röntgenbefund: produktiver Prozeß mit neuen, kleinen Herden in
der linken Spitze, dazwischen Drüse. Ich bleibe noch nächste Woche hier.

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 Mi 29   N 
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 Do 30    Luise von Rohden kommt. 
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 Fr 31   Luises Verlobter Erich Marx kommt für 1 Tag: er ist 26, sie 28;
sie sind schon 4 Jahre verlobt, wollen erst heiraten, wenn er Herrenhuter
Pfarrer wird. Er ist ganz in der Brudergemeinde aufgewachsen, hat auch dort
studiert! Abends Gespräch <…> über Niedergang des Protestantismus. Ich
spreche von der Entwicklung der Arbeiterbewegung und über Anwachsen der
irreligiösen Einstellung; er kennt sie gar nicht. 
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 Sa 1. IX.    W 
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So   2.    Agnes liest uns vor Johannes Müller, Treue. Darin steht aber
auch: Zur wahren Treue gehört es, nicht festzuhalten, was nicht mehr
vorhanden ist.      Geschrieben. 
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 Mo 3    g#
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 Di 4   L 

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 Mi 5 ,          Immer noch Temperatur. 
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 Do 6 +   Abends 7 kommen Elisabeth und Brüderle. Wir ziehen zusammen ins
Haupthaus. 
Sie erzählt, daß Gaienhofen doch nichts ist zum Hinziehen; keine Wohnung,
Bauen teuer; Mithilfe im Heim nicht möglich; Jutta rät: Andreas um
Freistelle für Annemarie in Gebensee bitten.
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 Fr 6   Agnes reist ab 6 Uhr.
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 Sa 8 Elisabeth Maue    Schlußuntersuchung. Lungengeräusche bedeutend
gebessert. Binswanger möchte mich gern noch dahalten. Ich sage, daß ich
gern jetzt der Lunge etwas mehr Ruhe geben möchte. 
3h Abreise. In Freiburg Gall, mit ihm nach Todtnauberg zu seiner Familie,
auch Elisabeth und Brüderle, oben ist Eline.
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So   9   Ganzen Tag draußen. Sehr schöne Gegend. Erna „Du“. Plan das
Wochenendhäuschen von Gall. <…> Nachmittags am Ebenhof. 8 – 9 nach
Wiesneck. 
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 Mo 10    Frau Cloos und Professor Cloos hier. Sie sucht Wohnung in
Freiburg. Er erzählt von der Bonner philosophischen Professur, war mit in
der Kommission, sorgte mit jüngeren Kollegen dafür, daß den unsachlichen
Gründen widersprochen wurde; die Fachleute lehnten alle Tüchtigeren (Nic.
Hartmann, Litt, usw.) ab. Es wurden nur Leute unter 40 berücksichtigt. Er
hatte von Dr. Martin gehört, ich hätte Aussichten auf Kiel gehabt; ich
kläre ihn aber auf. Er fragt, ob ich regelmäßig Vorlesungen gehalten
habe; ich sage: außer vorigen Winter. Er sagt, daß er mir gern helfen
wird, wenn einmal irgendetwas schwebt, da er seine Fachgenossen überall
persönlich kennt und bewirken kann, daß wenigstens mein Name dann dort
genannt wird.
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 Di 11 +   Briefe geschrieben. Telefon wird fertig (auf Galls Kosten).
Nachmittags wir beide kurz bei Franks. 
Elisabeth ist betrübt, daß ich bald wegfahre. Sie möchte mir die Wiener
Wohnung einrichten. Sie hängt doch sehr am Wiesnecker Häuschen. 
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 Mi 12   Nachmittags Verkaufsverhandlung mit Dr. Grossmann und 3
Vermietern. 
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 Do 13 ,   Freiburg. Dr. Martin konsultiert. Mittags und nachmittags bei
Merten; dort auch Anne und Wölfle mit ihrer Lore, aus Palästina auf
Urlaub. 
Merten berichtet von Gesprächen mit dem Phänomenologen Reiner. 
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 Fr 14   Vormittags Agenten hier; wir setzen den Kaufvertrag auf. 
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 Sa 15    Vormittags mit Elisabeth gepackt. 
Mit Gall und Elisabeth im Auto 3 – 4 nach Mülheim. Zuletzt Gespräch
über wirtschaftliche Lage bei Elisabeth. Elisabeth sagt, daß sie das Geld
auf ihren Namen legen wird und bestimmt nicht aus der Hand geben
einstweilen, als Pfand. Gall fragt, ob ich nicht mehr geben kann,
vielleicht 400 ode 350. Ich sage 350 zu, erkläre meine Auffassung, daß
ich für die Dauer nur für die Kinder sorgen möchte. Gall meint, ich soll
dies als für die Kinder gegeben auffassen, nicht an Elisabeth denken; er
wird Elisabeth monatlich 150 überweisen. Ich erkläre, daß ich durch die
wirtschaftliche Lage stärker an Elisabeth gebunden bin als sie an mich.
6 – 10 abends Bahn nach Zürich. 
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So   16   9 - ½ 4 nach Zuoz. Gasthaus Weißes Kreuz.
Regen, trübselig.
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 Mo 17 , Wohnung Haus Kenz gefunden, sehr schön. 
Mittags Maues Brief: kommt erst Sa!
Nachmittags geschrieben.      Kalt und Regen.
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 Di 18 ,  Endlich Sonne. Langen Brief an Kaila. Brief von Hanne und
Elisabeth. 
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 Mi 19   Umzug in Haus Kenz. Essen einkaufen. Selbst gerichtetes Abendbrot.
Zum ersten Mal M<..> Müsli aufgesetzt, für morgen.
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 Do 20    Schöne Wohnung, schönes Wetter.
Axiomatik wieder angefangen zu arbeiten.
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 Fr 21   Axiomatik. Briefe geschrieben. 
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 Sa 22 +   Maue kommt 20,40. In Bever abgeholt. 
Wir ziehen zusammen ins Doppelzimmer.
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So   23 +   M 
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 Mo 24 +  Nachmittags zusammen nach S-chanf. 
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 Di 25   	Täglich fleißig Axiomatik gearbeitet.
		Maue kocht mittags immer. Spaziergänge. 
 Mi 26 +  	Sehr schönes Leben.
      Manchmal auch Ärger und Zank.
		Alles, was an Wiesneck erinnert,
 Do 27   	besonders Ernährung, macht ihr Kummer.
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 Fr 28   Abends kleinen Ärger; darauf Maue plötzlich abgekühlt.
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 Sa 29 + +   Nachmittags 2 +. Sehr schön.
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So  30    N 
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 Mo 1. X.   V 
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 Di 2   s
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 Mi 3 +  Mittags mit Schlick. Nachmittags mit Natkin und Neider bei Frau
Neurath. Kaila zusammen gelesen; merkwürdige realistische Anwandlungen. 
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 Do 4    ( 
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 Fr 5   Nachmittags kommen Lotte und Kurt Girardet; Hochzeitsreise;
Ehehemmungen bei Lotte. Er sehr ruhig und nett.
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 Sa 6 Maue    V
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So   7 +  Nachmittags 3h reisen Girardets ab. 
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 Mo 8 +  Vo 
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 Di  9 +  Abends Sp. Nachts fast nicht geschlafen. 5h gewaschen und  +.
Sehr schön.
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 Mi 10   Nachts erst gegen 4 eingeschlafen.    Axiomatik getippt.
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 Do 11 +  Mittags in der Sonne +.           			Endlich wieder gut
geschlafen.
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 Fr 12   G 
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 Sa 13    Mit Maue nach Davos 7 ½ - 10. Untersuchung bei Dr. Fery (siehe
besonderen Zettel); Befund nicht besonders ernstlich, aber schlechter als
beim Weggang von Davos. Offek besucht; er sagt, daß es Frau Hederström
gut gehe, von Frau Edelstein hat er keine Nachricht. Professor von Rohden
getroffen. Nachmittags bei Schneider. Kalt und regnerisch.
Abends zurück.
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 So 14 +  Früh morgens +. Es schneit.
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 Mo 15 +  Nachmittags +.
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 Di 16   Nachmittags in der Sonne. 
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 Mi 17 +  Abschiedstag. Maues Geburtstag. Nachmittags in der Sonne + zum
Abschied. (58%)
Dies war unsere schönste Zeit zusammen. 
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 Do 18   7 ½ Maue reist ab. 
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 Fr 19   Fleißig Axiomatik gearbeitet und getippt. 
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 Sa 20   Fleißig Axiomatik gearbeitet und getippt.
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So   21    Regen. Fleißig Axiomatik gearbeitet und getippt.
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 Mo 22   L 
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 Di  23   L 
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 Mi 24   m 
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 Do 25   Axiomatik fertig getippt! (106 Seiten)
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 Fr 26   Viele Briefe geschrieben. 
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 Sa 27 ,   Viele Briefe geschrieben.
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So   28   Gepackt. Abreise von Zuoz 3 – 8 nach St. Margreten.
Übernachtet. 
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 Mo 29    10 – 3 nach München. Zu Gramms. Bei Maue und dem Kind. Sehr
liebes, zutrauliches Kind, lernt gerade laufen und die ersten Wörter.
Abends zu Rohs, bei denen ich wohne. Bis 12h geredet und erzählt.
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 Di 30   Mit Rohs über Russells „Kultur des Industrialismus“, das ich
ihnen schenke. Über die Beziehungen der Kulturgebiete. Metaphysik. 
Nachmittags kommt Mia. Sie wäre gern nach Zuoz gekommen, war aber zu
<..>ig anscheinend. Sie fängt versehentlich mal mit „Du“ an;
schließlich bleiben wir dabei. Zuerst still geredet, dann sie auf den
Diwan geholt, schließlich Kuß; wie selbstverständlich. Sie muß viel von
sich erzählen; sie will nicht gern nach Amerika zurück, weil dort
„Erwartungen“ warten: die Entscheidung wegen eines Mannes. Da sie ihn
offenkundig nicht liebt, rate ich ab, und sie atmet wie erlöst auf. Sie
will nach Wien kommen, mir zu helfen.
Abends Maue. Mit Rohs bis ½ 12 geschwatzt. Dann bin ich plötzlich ganz
erschöpft und daher betrübt; da gibt’s Zank. Maue geht ½ 1. Vorher
noch brav zusammen im Bett, ich furchtbar müde, kaum bei Bewußtsein.
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 Mi 31 +  Mit Franz gesprochen, etwas über meine Arbeit. Nachmittags Lucia
Moholy, kommt von Horns, um mich zu sehen. War mit Moholy in Italien; jetzt
ist dieser mit CW in Paris. Sie wohnen in Berlin, wissen noch nicht, was
machen; er möchte am liebsten malen. Sie erzählt von der Zeitschrift, die
Giedion machen will: neue Kultur, gruppiert um die Architektur. 
Abends Maue; Rohs sind aus. Bald ins Bett. Kleine Sperre bei ihr;
psychische Ursache nicht ganz klar. Sie geht um ½ 1,
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 Do 1. XI.    9 – 6 nach Wien. In die neue Wohnung: Ameisbachzeile. Die
Möbel sind da, auch ein Ofen; sogar alle Bücher eingeordnet, von Waismann
(trotz meines Verbots), Feigl, Frau Rand und Kasper. Notbeleuchtung; das
Badezimmer. Erst oben angefangen. Frau Mayerhofer kramt eifrig. Agnes
schönes weißes Bett. 
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 Fr 2   Gekramt und mit Handwerkern gesprochen. Frau Mayerhofer packt meine
Koffer aus. Nachmittags Einkaufen von Hausrat. An Mia telegraphiert. Soll
Sonntag kommen (weil’s bis dahin etwas besser aussieht und ich So dann
noch arbeiten kann; ich hi<..> hatte die Entscheidung Mi Vormittag
telefonisch unentschieden gelassen, weil ich Bedenken hatte ( wie mir’s
gehen würde, ob ich nicht zu müde wäre für Besuch, ob ich genügend
alleine sein könnte, ob Mia sich nicht zu stark attachieren würde). 
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 Sa 3 ,   Vorbesprechung für Vorlesung und Übungen. Waismann getroffen;
erzählt mir von dem schlimmen Sommer; seine Mutter war sterbenskrank
(Karzinom), jetzt wieder gut; er wohnt jetzt in eigenem Zimmer, will sein
MS endlich fertigmachen. Mittags mit Schlick. Er erzählt von den schönen
Tagen mit seiner Freundin bei Meran; er war dort so glücklich, daß er
sich hier immer noch nicht an das Stadtleben gewöhnen kann. Cassirer war
hier, hat etwas gesagt, daß er in Frankfurt nachdrücklich auf mich
aufmerksam gemacht habe. 
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						Mia (aus Palästina)8
So   4   Abends 6h kommt Mia. 
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 Mo 5 Maue   Mia macht täglich Besorgungen in der Stadt.
Experimente mit Dauerbrandofen. Badezimmer immer noch in Arbeit. Abends
heiter zusammen.
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 Di 6   Nachmittags Waismann zum Tee bei uns. 
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 Mi 7   M 
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 Do 8   Nachmittags 3 ½ - 5 die ersten Übungen: Philosophische Grundlagen
der Geometrie; Liebiggasse. Wird auf Di verlegt. Danach Besprechung mit
H<..>in über Axiomatik, im Café. Er macht gute Bemerkung: Für
vollständige Isomorphie genügt vielleicht Stufe anstatt Typus; Einwurf
kann wegfallen. 7h Schlick getroffen. 8h erster Zirkel. Reidemeister
„Exaktes Denken“ wird vorgelesen; wir sind nicht einverstanden.
Mira ist in der Oper „Carmen“. 
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 Fr 9   B 
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 Sa 10    Erste Vorlesung: Grundlagen der Arithmetik (10 – 12, kleiner
Hörsaal des Mathematischen Seminars).
Nachmittags Feigl und Frau Kasper (seine Verlobte) bei uns. 
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 So  11   Mit Mira über ihre Vaterbindung.
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 Mo 12  Abends bei Mia im Bett (ohne Plage). Erkläre ihr, warum man bei
Mädchen „vorsichtig“ sein muß. Sie will nur Kameradschaft, wäre
aber, scheint mir, zu allem bereit.
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 Di 13   Nachmittags Übungen. Nachher 5 – 9 mit Gödel im Café. Über
Grundlegung der Mathematik. Er meint, Ableitung aus Logik sei gescheitert;
er vertrete einen intuitionistisch-formalistischen Standpunkt.
Er denkt sehr scharfsinnig. Wir einigen uns schließlich in manchen
Punkten. Ich schlage ihm vor, einen Aufbau, entsprechend diesen
Gedankengängen zu versuchen. 
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 Mi 14   Mittags zu Schlick. Er erzählt von der Meraner Freundin, die
unglaublich ahnungslos in die Ehe gegangen ist; das erste Kind trug sie 5
Monate, ohne es zu ahnen. Dann von Margret, der Geigerin; Linke will sich
scheiden lassen und sie später heiraten; vorher 4 Jahre Medizin studieren,
für Psychoanalyse. Sie glaubt, sie würde ihn heiraten, ist ihm aber schon
jetzt nicht treu: Schlick. Schlick schüttelt selbst den Kopf über die
seltsame Verwicklung. 
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 Do 15   Nachmittags Neurath ½ 6 im Café, mit Reidemeister. Er wirbt für
Ernst Mach Verein. Dann zu seinem Kursus „Marxismus“ bei der
Arbeiterjugend. Dann kommt er mit hinaus, probiert meinen Cut, bleibt in
lebhaftem Gespräch mit Mira und mir bis nach 1 Uhr! Von Wirtschaftsmuseum;
gegen Russells Soziologiebücher, und anderes.   
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 Fr 16   Vormittags liest Feigl aus MS (Theorie und Erfahrung in der
Physik) bei Frau Neurath vor. Dann mit Feigl essen; über Kaila MS. Dann
kommt er mit hinaus, erzählt von seiner Verlobung; sein Vater weiß es
nicht; Versicherungsproblem.  Abends Mira in die Oper.
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 Sa 17 ,   10 – 12 Vorlesung. 
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So   18   11 – 1 bei Hahn, Frühschoppen für Vietoris. Viele Leute. Frau
Schlick; die Amerikanerin Harris, Frau des Mathematikers aus Austin Texas.
Nachmittags mit Mira im Josefstädter Theater: „Desirée“, die
Geschichte eines Kammerdieners. Abends lange bei Mira im Bett. 
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 Mo 19   Abends Neuraths, anfangs auch Reidemeisterin bei uns. Lebhaftes
Gespräch mit Neurath über Russells „Industrialismus“. Er lehnt das
Buch heftig ab, will mich für Marxismus und für die Partei werben. 
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 Di 20   Ich erkläre Mia Sozialismus und Marxismus. 
Nachmittags Übungen; gute lebhafte Diskussion über Anschaulichkeit.
Letzter Abend mit Mira.      		Elisabeth Brief: will Scheidung.
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 Mi 21   ½ 2: Mia reist ab (nach München, 6. Dez von Bremen nach
Amerika)
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 Do 22 ,  Nachmittags Vorbesprechung für Ernst Mach Verein. 
Abends Kino (Busch), mittags Film „10 Tage, die die Welt
erschütterten“; packend, aber nicht so sehr, wie der Petersburg Film.
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 Fr 23   Nachmittags Vorbesprechung für Ernst Mach Verein. Abends Busch
Kino ½ 7 Grundlegung von Ernst Mach Verein. Witziger und guter Vortrag von
Neurath über Mach. Dann mit Neurath zu seinem Kursus über
Weltwirtschaftsfragen; gut; über Amerika. Nachher mit ihm und
Reidemeisterin im Café.
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 Sa 24,   Vormittags Vorlesung.
Nachmittags bei mir Gomperz Brief vorgelesen. Dabei: Waismann, Feigl,
Neider, Rand. Waismann ist Gomperz Unklarheit, aus der Diskussion mit
Gomperz wird nichts herauskommen.
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So  25   Nachmittags zum Tee bei Schlicks. Frau Plattner und 17jährige
Tochter Doris, die sie zur Schule Laxenburg gebracht hat. Ich spreche fast
nur mit ihr. Sonst noch da: Rudolf Hans <..>ing und Frau; Oberst Schneider
und Frau; amerikanischer Geschichtsstudent Smith, der sehr schön Flöte
spielt, Bach <…> mit Frau Förstel. Mit Frau Plattner über Laxenburg,
Stil der Schule und des Lebens, Architekturfragen, Gropius Möbel,
Stuttgarter Ausstellung.
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 Mo 26   Vormittags bei Frau Neurath liest Feigl aus MS über physikalische
Theorie weiter. Über implizite Definitionen diskutiert. 
5h nach der Vorlesung Schlick und Frau Plattner abgeholt, Arkadencafé;
Feigl und ich bei Frau Pl., über Erziehungsfragen der Tochter und ihr
Liebeserlebnis mit dem Monokelmann. Ob sie nicht zu frei erzogen worden
ist. Frau Pl. hat zu sehr an ihrem Vater gehangen, zu artiges Kind,
überstarke Schamgefühle; sie weiß das alles selbst. Zu fügsam, aber
doch das Kind frei erzogen. Sie sieht nicht, daß sie ihrem Eigenen zu
wenig Raum gegeben hat. Ich bringe sie zum Auto. Mit Schlick und Feigl noch
zusammen. Schlick rät mir für Sommer historische Vorlesung. 
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 Di 27   Nachmittags Übungen. Lebhafte Diskussion über Gewöhnung ans
Nicht-Euklidische. Schlick telefoniert: Treffen mit ihr und Frau Pl. geht
nicht mehr, zu große Hetze! (Frau Pl. reist Do). 
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 Mi 28   Zu Hause. Kraftzähler wird montiert. 
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 Do 29   Erstes Bad!
Kino. Abends Zirkel; Schlick sagt: Frau Pl. ist noch hier! Er geht nachher
zu ihr. 
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 Fr 30   Vormittags Arkadencafé Diskussion: Gödel über Aussagen über
die Sprache; dabei Waismann, Feigl, Natkin.				Besorgungen.
4h Schlick abgeholt. Am Bahnhof Frau Pl. zusammen abgeholt, die aus
Laxenburg kommt; die Tochter hat Mittelohrentzündung. Zusammen
Wittgensteins Haus besehen, nur von außen. Starker Eindruck. Zusammen ins
Café, sie bleibt noch morgen.        Müde nach Hause; Vorlesung
vorbereitet.
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 Sa 1. XII.  ,   10 – 12 Vorlesung. 
5 – 7 im Astoria mit Frau Plattner (Schlick hatte Fakultätssitzung), im
Frühstückszimmer. Ich mache ihr klar, wie viel sie für Schlick bedeutet;
sie sieht, wie er durch seine Frau gehemmt ist, die alles nach ihrem Sinn
richtet, meist weg ist, zwanglosen Umgang nicht aufkommen läßt. Sie
würde sich freuen, wenn ich sie in Mannheim besuchen würde. Meine
Kinderbilder gezeigt. 
Zufällig Diederichs begegnet. 	Volkstheater, Lustspiel: „Blaufuchs“
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So   2   Nachmittags Theater „Professor Bernhardi“ von Schnitzler;
Wiener Professorenkonflikte.
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 Mo 3 ,  Vormittags bei <…> Frau Neurath, Feigl liest vor.
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 Di 4 ,  Nachmittags Übungen. 
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 Mi 5   Mittags mit Schlick gegessen. Seine Frau hat gesagt, ich übte
einen schlechten Einfluß auf ihn aus, er vernachlässige seine Familie. 
Besprechung bei Springer mit dem Drucker. 
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 Do 6 ,  N 
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 Fr 7   G 
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 Sa 8 ,   V 
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So  9   Vormittags Waismann bei mir. Über Gefahr der Verflachung durch
Aufklärung. Über Unterschied zwischen Gegenständen und Sachverhalten.
Nachmittags zu Schlicks. Sitze bei Frau Schlick und einer Amerikanerin, die
auch Mexiko kennt (Frau Dr. Di<..>, von einem Psychiater). Über
Lebensmittelpreise usw. Ich schwöre mir, nicht mehr zu Schlicks zum Tee
zum[!] gehen. Dann drücke ich mich zu Feigl und Frau Kasper. Über
Gefühls  heit an wissenschaftlichen Thesen. Mit Doris kaum gesprochen. Bin
zu unruhig und sehhungrig, um nach Hause zu gehen.
9h noch Kino „Evanburg“
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 Mo 10   Nachmittags Vorstandssitzung Ernst Mach Verein. Nachher mit
Neurath. 
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 Di 11 ,  Vormittags bei Frau Neurath. Waismann liest vor: Russells Analyse
des Geistes. Wir diskutieren über Behaviorismus. 
Mittags mit Waismann und Frau Rand. Über Frau Schlick; Problem des Wertes
der Geselligkeit. Nachmittags Übungen.
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 Mi 12   Ganzen Tag Korrekturen Logistik gelesen.
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 Do 13   Abendessen mit Schlick im Café; sage, daß ich Frau Pl. besuchen
will. Erzähle ihm von Maues Wunsch nach zweitem Kind.
Diskussion mit Gomperz in der Boltzmanngasse, über Realismus. Auch Zilsel
und Neurath, lebhaft. ½ 11 geht Schlick. Dann wirft Zilsel trotz meines
Sträubens noch das Problem des Fremdpsychischen auf. Bis ½ 12.
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 Fr 14   Nachmittags 5 – 7 mit Gödel im Café. Über
Entscheidungsdefinition und über Grundlegung der Mathematik. Dann mit
Feigl und Frau Kasper  7 – 10 im Café zusammen. Über Wert der
Geselligkeit; Frau Schlick usw.
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 Sa 15     10 – 12 Vorlesung. Dann mit Schlick zusammen.
Besorgungen. Kino „Rote Tänzerin von Moskau“. 
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So   16   Vormittags und mittags bei Kaufmann. Über sein MS zur
Grundlegung der Mathematik. Wichtig: seine Unterscheidung zwischen Spezies
und Kollektivbegriffen. Nachher mit Waismann und Hermine Antschel zusammen
im Café. 
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 Mo 17   Gepackt und Briefe geschrieben. 
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 Di 18 +   ½ 11 - ½ 8 nach München. Mit Maue ins Hotel
Sch<..>ttnersmühle; gemeinsames Zimmer. Lange geschwatzt. 
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 Mi 19 +  Maue muß früh weg. Ich mache mit Rohs Skibesorgungen für
Hilde; dann zusammen Mittag gegessen. Beide sehr nervös. Franz erzählt
mir von seinem Verhältnis zu Lucia; sie hat ihm anscheinend ganz großen
Eindruck gemacht. Sie bittet ihn, sie nicht allein zu lassen. Er fürchtet
aber, wenn er sich weiter einläßt, wird die Sache zu schwerwiegend. Hilde
ist bis zu Tränen erregt. Wir sprechen über meine Scheidung.    Zu Gramms
nachmittags. Ursula auch da, aber wenig gesprochen. Birgit gewachsen, redet
allerhand Worte, ist reizend. 7h mit Maue wieder ins Hotel. 
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 Do 20   Spielsachen und soweiter für Elisabeth gekauft. 
12 – 8 nach Freiburg. <…> Um 9 kommen Gall und Elisabeth im Auto zur
Wiehre, hattten mich am Hauptbahnhof erwartet. Gall fährt uns hinaus nach
Wiesneck.
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 Fr 21   Mit Elisabeth über Scheidung gesprochen. Wir verstehen uns sehr
gut; schwierig bleibt natürlich der wirtschaftliche Punkt, weil Elisabeth
so lange ganz versorgt sein möchte, bis sie einen Beruf erlernt hat. 
Nachmittags zusammen zum Rechtsanwalt Schilling, zuerst ich allein. Er
erklärt mir die juristische Lage und den Lauf der Vernehmungen. Es scheint
am besten, wir nähmen Hildes Besuch in Seefeld im April als Anlaß. 
Kurzes Abendbrot bei Galls. Dann mit Gall und Elisabeth ins Kirchenkonzert,
Bach, sehr schön, aber kalt. Zur Erwärmung nachher <…> alle, noch mit
Sonja, in die Teestube.  
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 Sa 22     Nachmittags zu Christiansens. Er meint, ich solle die Schuld auf
mich nehmen. Ich erkläre Bedenken: wegen der Kinder. Er hat als Grund:
zunächst das Wirtschaftliche, dann als ich sage, daß das durch
Vereinbarung festgelegt werden kann, die seelische Bedrückung von
Elisabeth, die den Richterspruch doch immer unbewußt als moralisches
Urteil auffassen wird.
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So   23   Nachmittags Gall hier; Weihnachtsbaum geholt. 
Abends zu Galls. Nach dem Essen Grammophon, Beethovensymphonie. Dann
Gespräch. Elisabeth hat Bedenken, Galls Konzertabonnement anzunehmen und
neben ihm zu sitzen, weil sie mehrmals jetzt vom Gerede der Leute gehört
hat. Sie wundert sich selbst, daß sie jetzt davon nicht mehr so
unabhängig ist wie früher; meint, sie sei jetzt nicht mehr so sicher,
weil innerlich in schwieriger Lage. Bis nach Mitternacht dort. 
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Mo   24| Heiligabend   Vormittags zu Christiansen. Er spricht von Hanne;
ich soll ihre Ehe trennen, und sie nehmen. Sie würde mich besser erzogen
haben als Elisabeth, Elisabeth habe mich verwahrlosen lassen, weil sei
nicht streng genug gegen die Polygamie war. Hanne sei selbst abwechselnd
genug; und für das Bestätigungsbedürfnis würde bei mir der
wirtschaftliche Erfolg Befriedigung geben.      Nachmittags mit Elisabeth
Baum geschmückt. Bescherung, die Kinder freuen sich sehr. 
Spät nachts will Elisabeth möchte Elisabeth noch zu Christiansen, ich
sage ihr, sie sei zu müde und soll dableiben. Vielleicht freut sie das,
daß ich sie hierhalten möchte; Zärtlichkeiten. Sie kommt noch zu mir;
schließlich ganz. Zuletzt beim Streicheln sagt sie „Jetzt nimmt wohl der
Rudi Abschied von mir“.
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 Di 25   Vormittags mit Kindern Schlitten; <…> mit Elisabeth spazieren.
Nachmittags mit Elisabeth und den Kindern zu Christiansens, die uns
abholen. Der Vater ist aber nicht da. Mit Sonja zum Grammophon getanzt. Ihr
Bild ausarbeiten. Abends sagt sie zum Vater, er hätte nicht zu fliehen
brauchen, es sei nett gewesen, und ich auch. Abends Wilkes bei uns.
Lebhafte, neckende Unterhaltung; über Klages, Wien, ich erzähle vom
„Feigling“. 
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 Mi 26   Vormittags zu Christiansen (oder 27.?). Er erklärt mir, warum er
dachte, ich schuldete Elisabeth noch Geld, weil sie ihre Bezüge
aufgebraucht hat; ich erkläre ihm, wie die Sache liegt. Über Elisabeths
Berufsmöglichkeiten; er spricht auch von einem Kunstladen in Freiburg,
vielleicht Filiale der Münchner Werkstätten oder so etwas. Nachmittags 
Galls da. Nochmal über die Schuldfrage. 
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 Do 27   Gepackt. 
Abends 7 – 9  Galls noch mal.    Später mit Elisabeth Wilkens
anthroposophischen Christbaum betrachtet; er spielt uns Bruckner.
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 Fr 28   Gall fährt mich nach Freiburg. 11 – 3 ½ nach Mannheim. 4 – 7
bei Lila Plattner. Schöner großer Raum. Die vornehme <…> Dame, rotes
Kleid mit Spitze, und doch dabei so menschlich. Sie klagt über Mannheim. 7
kommt Plattner, starker Künstler, menschlich anziehend, in Wille und
Stimmung nicht leicht beeinflußbar. Später Dr. Toch9 und Frau, moderner
Komponist, zieht nach Berlin; witziger Jude. Das 2 ½ jährige Kind
Andreas, auf seinem großen Elefanten. 
Frau Pl. hatte mir Hotelzimmer bestellt (wollte es am andern Tag sogar
bezahlen), sagte, das nächste Mal würde ich bei ihnen wohnen können.
Grammophonplatten werden gespielt, Toch muß kritisieren; Toch spielt
einiges von sich, kann aber leider nicht richtig auswendig. Über Plattners
Weihnachtsauto. Bis ½ 1. Toch küßt zum Abschied Frau Plattners innere
Hand sehr herzlich!
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 Sa 29    Blumen für Frau Pl. bestellt. Plötzlich ist sie am Bahnhof!
Fragt nach meinem Eindruck von Pl.; ich kann aber so schnell nichts sagen.
11 – 6 nach München. Mit Maue 1 Stunde am Bahnhof. Paderborn ist
abgebrannt; Versicherung ist ungewiß. 7 – 10 nach Seefeld. Zu Peter
S<..>ner; sie haben mein Zimmer vermietet! Da Rohs nicht angekommen sind,
nehme ich <…> ihr Zimmer.
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So   30   Nachmittags Einzelzimmer gesucht. Müde, <…> 37,9. Abends 8  
[weiter mit Jahrgang 1929].





1932	durchgestrichen
<…>   	Wort nicht zu entziffern
Kl<..>	Teil eines Wortes nicht zu entziffern
<…>    	durchgestrichen, nicht zu entziffern
MS	kursivierte Buchstaben oder Wörter sind im Original in Langschrift
eingetragen

1 Carola Giedion-Welcker (1893-1979)
2 In Alterschrift, mit Kugelschreiber, eingefügt.
3 Adolf Abraham Halevi Fraenkel (1891-1965).
4 Paul Neresheimer (1885-1933), Münchner Maler. 
5 Lore Deditius, Schauspielerin aus Lübeck, seit 1924 mit Nerresheimer
verheiratet. 
6  In Alterschrift, mit Kugelschreiber, eingefügt.
7 Ernst Plattner (1880-1966)
8 In Altersschrift, mit Bleistift, hinzugefügt.
9 Ernst Toch (1887-1964), österreichischer Komponist. 
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